Über dieses E-Book
- Vom Wesen der Philosophie
- Sein und Werden
- Vom Subjekt und Objekt
- Von den idealen Forderungen
Georg Simmel
Georg Simmel (1858–1918) war einer der vielfältigsten Denker seiner Zeit. Der Philosoph und Soziologe, Begründer der formalen wie der Stadtsoziologie, hatte auf die nachfolgende Kulturphilosophie, aber auch auf die Kritische Theorie nachhaltigen Einfluss.
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Hauptprobleme der Philosophie - Georg Simmel
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ISBN 978-2-36668-171-0
Alle Rechte Vorbehalten
Georg Simmel
Philosoph und Soziologe, 1858-1918
image.pngHauptprobleme der Philosophie
1927
arbre.pngEinleitung
Man hat das Verständnis der Kunst so gedeutet, dass der Beschauer den Schaffensprozess des Künstlers in einer bestimmten Art wiederhole.
Und wie tatsächlich das große Kunstwerk das ganze Strahlenbündel des Lebens, das zu ihm als zu seinem Gipfel führt, fühlbar macht und damit den ganzen Verdichtungs- und Erhöhungsprozess des künstlerischen Schaffens gleichsam in uns überträgt, so ist der große philosophische Gedanke das sublimierteste Resultat eines weitausgreifenden Lebens, das uns jener Gedanke nachzuerleben, bis es in ihn selbst mündet, veranlasst.
Wie aber mit jenem innerlich nachschaffenden Begreifen des Kunstwerks doch erst eine lange und hingebende Werbung um die Kunst belohnt wird, so öffnen die abstrakten und starren Begriffe der philosophischen Systeme ihre innere Bewegtheit und die Weite des Weltfühlens, das sich in sie hineingelebt hat, nur dem Blick, der sich lange um sie und die Erregungen ihrer Tiefen bemüht hat.
Dieses Verständnis der Philosophie von dem inneren Prozess her, dessen Lebendigkeit in ihr die Kristallform des Begriffes angenommen hat - dieses Verständnis zu erleichtern haben sich die Darstellungen der Geschichte der Philosophie, wenn ich mich nicht täusche, nicht allzuhäufig zum Problem gemacht; sie pflegen vielmehr das Letzte und Zugespitzteste der Resultate des Denkens darzubieten, deren logisch geschlossene Formung sich in dem weitesten Abstand von der lebendig-kontinuierlichen Strömung des Schaffensprozesses hält.
Indem das Recht solcher Darstellung, die die Resultate des Denkvorganges, gleichsam in deren eigner Ebene verbleibend, erfassen will, unangetastet bleibt, erscheint mir daneben doch der Versuch gerechtfertigt, zu jenem andern Verständnis anzuleiten, das mehr unmittelbar auf die geistige Bewegung, als auf das von ihr gestaltete Gebilde, mehr auf den geistigen Zeugungsvorgang, als auf das schließliche Erzeugnis geht und das bisher, im großen und ganzen, nur der Philosoph dem Philosophen gegenüber besessen hat, weil seine eigne Produktivität das Organ jenes inneren Nachschaffens voraussetzt und ausbildet.
Dieser Aufgabe, das innerliche, miterlebende, die Bedingungen der Produktion nachfühlende Verständnis außerhalb des Kreises der Profession zu fördern, will ich hier durch Darstellung und Erwägung einiger hauptsächlicher, historisch vorliegender Probleme und Lösungsversuche dienen, und zwar unter Zugrundelegung einer gewissen Fiktion.
Ich möchte die Bilder dieser großen Philosopheme so geben, wie sie sich etwa einem Philosophen darstellen, der eine eigne Lösung ihrer Probleme sucht und zu diesem Zwecke die bereits vorliegenden Lösungen sich vergegenwärtigt und erwägt.
Die Absicht eines solchen wäre keine historische, sondern eine sachliche, d.h. das Problem wäre ihm nicht wichtig, weil Plato und Hegel es behandelt haben, sondern Plato und Hegel sind ihm wichtig, weil sie das Problem behandelt haben.
Darum werden in dem Fluss seines Denkens ihre Lehren gewissermaßen nur als besonders geformte Wellen auftauchen, ohne, als Selbstzwecke, dessen Kontinuität zu unterbrechen.
Da sie jetzt nur Stationen seines eignen Gedankenweges sind, so legen sie die systematische Form ab, deren starre Geschlossenheit so oft das Eindringen in ihr inneres Leben hindert und die als dessen vergänglichste Hülle sowieso von der geistesgeschichtlichen Entwicklung desavouiert wird.
So wird am ehesten die eigne Geistesbewegung die Konturen des überlieferten Gedankens nachzeichnen und sich in ihn ergießen können, der ohne diese Transfusion und Einfühlung im letzten Grunde unzugängig bleibt.
Über die Darstellung, die sich aus dieser Fiktion ergibt, greife ich nicht hinaus und biete für die Probleme keine eigne Lösung an, deren unvermeidliche Einseitigkeit der Objektivität meiner hier gestellten Aufgabe widersprechen würde.
Vom Wesen der Philosophie
Wenn man zu den Gedankenmassen, die unter dem Begriff der Philosophie gesammelt sind, einen Eingang sucht, eine Bestimmung dieses Begriffes von einem Orte der geistigen Welt her, der nicht selbst schon in den philosophischen Bezirk hineingehört, so kann sich dieses Bedürfnis an der gegebenen Struktur unseres Erkennens nicht befriedigen.
Denn was Philosophie ist, wird tatsächlich nur innerhalb der Philosophie, nur mit ihren Begriffen und Mitteln ausgemacht: sie selbst ist sozusagen das erste ihrer Probleme.
Vielleicht richtet keine andre Wissenschaft ihre Fragestellung in dieser Art auf ihr eignes Wesen zurück. Der Gegenstand der Physik ist doch nicht die physikalische Wissenschaft selbst, sondern etwa optische und elektrische Erscheinungen, die Philologie fragt nach den Plautushandschriften und der Kasusentwicklung im Angelsächsischen - aber nach der Philologie fragt sie nicht.
Die Philosophie, und vielleicht also sie allein, bewegt sich in diesem eigentümlichen Zirkel: innerhalb ihrer eignen Denkweise, ihrer eignen Absichten, die Voraussetzungen dieser Denkweise und Absichten zu bestimmen.
Es gibt von außen keinen Zugang zu ihrem Begriff, weil nur die Philosophie selbst ausmachen kann, was die Philosophie sei, ja, ob sie überhaupt sei oder etwa mit ihrem Namen nur ein geltungsloses Phantasma decke.
Dieses einzigartige Verhalten der Philosophie ist die Folge oder vielleicht nur der Ausdruck ihrer grundlegenden Bemühung: voraussetzungslos zu denken.
Wie es dem Menschen überhaupt nicht gegeben ist, ganz und gar »von vorn anzufangen«, wie er in sich und außer sich immer eine Wirklichkeit oder eine Vergangenheit vorfindet, die seinem Verhalten einen Stoff, einen Ausgangspunkt oder wenigstens ein Feindseliges und zu Vernichtendes bietet - so ist auch unser Erkennen von irgendeinem »Vorgefundenen« bedingt, von Realitäten oder inneren Gesetzen; von ihnen, die der Denkprozess selbst nicht erzeugen kann, hängt, in mannigfaltigster Beschränkung seiner Souveränität, sein Inhalt und seine Richtung ab - und seien es auch nur die Regeln der Logik und der Methode oder das Faktum einer bestehenden Welt.
Wo nun das Denken dennoch versucht, sich jenseits von Voraussetzungen überhaupt zu stellen, beginnt es zu philosophieren. Im ganz radikalen Sinne freilich wird dieser Versuch selten auch nur unternommen.
Es wird vielmehr in der Regel ein Erkenntnisbild erstrebt, das von irgendwelchen einzelnen Voraussetzungen unabhängig ist: von dem unmittelbaren Eindruck der sinnlichen Welt oder von den hergebrachten moralischen Wertungen, von der selbstverständlichen Gültigkeit der Erfahrung oder der ebenso selbstverständlichen Realität göttlicher Mächte.
Aber selbst in solcher Begrenzung unterscheidet sich die philosophische Voraussetzungslosigkeit von der andrer Gebiete durch die mitschwebende Stimmung: dieses Sich-selbst-Gehören des Denkens, diese von nichts Äußerem gebundene Konsequenz seiner betreffe, über die momentane Einzelheit hinaus, das Ganze des Erkennens, ja, des Lebens.
Die vollkommene Voraussetzungslosigkeit ist freilich unerreichbar.
Wo auch das Erkennen einsetzt, irgend etwas ist schon vorausgesetzt, das uns entweder als ein Dunkles, nicht zu Bewältigendes ängstigt, oder umgekehrt uns ein Halt in der Relativität, dem Fließen, dem Nur-sich-selbst-Haben der Erkenntnis ist.
Darum ist die absolute Voraussetzungslosigkeit zwar ein richtunggebendes, aber nicht ein erreichbares Ziel des philosophischen Denkens, während sie dies in andern Wissensgebieten von vornherein nur in relativem Maße ist.
Wo sich die Philosophie zur Erkenntnistheorie entwickelt, hat dies den tieferen Sinn, dass sie nun die Voraussetzungen des Erkennens, auch des philosophischen selbst, aufsucht und anerkennt, oder eben dadurch dies außerhalb ihrer Gelegene in ihre Jurisdiktion, ihre Erkenntnisformen einbezieht.
Diese, im Begriff der Philosophie gelegne Voraussetzungslosigkeit, diese innere Autonomie ihres Denkprozesses hat begreiflicherweise jene Folge: dass sie ihr Problem mit ihren eignen Mitteln bestimmt, dass, wenn ihr Gegenstand, ihre Ziele und Wege untersucht werden, es nur innerhalb ihrer selbst geschehen kann.
Diese Folge hat aber ihrerseits eine wichtigere Konsequenz.
Das Recht und die Pflicht der Philosophie, sich mit größerer Unabhängigkeit von dem Gegebenen, als sie in andern Erkenntnisprovinzen besteht, ihr Objekt selbst zu fixieren, bringen es mit sich, dass die verschiedenen philosophischen Lehren auch von grundsätzlich verschiedenen Problemstellungen ausgehen.
In jeder andern Wissenschaft besteht ein allgemeiner, prinzipiell anerkannter Erkenntniszweck, der sich sozusagen erst in einer oberen Schicht in die Mannigfaltigkeit der Sonderaufgaben zerlegt. In der Philosophie allein bestimmt jeder der überhaupt originalen Denker nicht nur, was er antworten, sondern auch, was er fragen will - fragen nicht nur im Sinn jener Sonderaufgaben, sondern was er überhaupt zu fragen hat, um dem Begriff der Philosophie zu entsprechen.
Diesen Begriff bestimmt z.B. Epikur als die Bemühung, durch Gründe und Überlegungen zu einem glückseligen Leben zu gelangen, Schopenhauer als das Bestreben, durch Vorstellungen zu dem zu gelangen, was nicht Vorstellung ist, d.h. zu dem jenseits der empirischen Erscheinung, mit der die andern Wissenschaften sich beschäftigen; für das Mittelalter ist die Philosophie die Magd der Theologie, die Begründung der religiösen Wahrheiten, für den Kantianismus die kritische Besinnung der Vernunft auf sich selbst; während sie einerseits rein ethisch bestimmt wird als die Untersuchung dessen, was für die praktischen Lebensideale des Menschen bedeutsam ist, erscheint sie anderswo als eine logische Bearbeitung des Weltbildes, um dessen ursprünglich vorgefundene Widersprüche zu überwinden.
Aus dieser - beliebig vermehrbaren Mannigfaltigkeit der philosophischen Zielsetzungen ergibt sich unzweideutig: dass der einzelne Philosoph das scheinbar ganz allgemeine, gegenüber aller Antwort noch unparteiliche Problem dennoch von vornherein so stellt, wie es der Antwort, die er geben will, entspricht. Jene Personalität des philosophischen Denkens verhindert es, dass ein allgemeines Erkenntnisziel, über die Zentriertheit der Denkbewegung in sich selbst hinausreichend, gegeben werde.
Man könnte fast sagen, die philosophische Produktivität des originellen Denkens sei etwas in sich so Einheitliches, so sehr der intellektuelle Ausdruck eines in sich geschlossenen Seins, dass Frage und Antwort erst eine nachträgliche Spaltung des Denkbildes bedeuteten.
In viel geringerem Maße mindestens, als auf andern Gebieten, ist hier das Problem ein gemeinsames und die Lösung eine besondere; vielmehr, wenn diese die jeweilig bestimmte sein soll, so kann von vornherein das Problem nur in der bestimmten, auf jene zugespitzten Art gestellt werden.
Was aber bleibt, wenn jede Definition nur für die besondere Philosophie des besonderen Denkers gilt, noch übrig, um die Gemeinsamkeit des Namens für so auseinandergehende Bestrebungen zu rechtfertigen? Vielleicht wird man, um hier zu einer Antwort zu kommen, die Frage aus ihrer bisherigen Richtung herausdrehen müssen.
So lange Zweck und Inhalt der Philosophie ihre Definitionen bestimmen, scheint ihr Gesamtgebiet keinen Generalnenner zu besitzen; aber noch könnte dieser in dem Verhalten der Philosophen selbst liegen - nicht in den Resultaten ihres Denkens, sondern in einer Grundbedingung, unter der all jene, in ihren Verzweigungen nicht mehr zusammenzubringenden Resultate allein gewonnen werden können.
Es handelt sich um eine formale innere Beschaffenheit des Philosophen als solchen, die nicht als psychologische »Lebensstimmung« gemeint ist, sondern als die sachliche, wenn auch natürlich nur in seelischer Verwirklichung lebendige Bedingung alles Philosophierens überhaupt.
Man kann den Philosophen vielleicht als denjenigen bezeichnen, der das aufnehmende und reagierende Organ für die Ganzheit des Seins hat.
Der Mensch ist im allgemeinen - dafür sorgt schon die Praxis des Lebens - immer auf irgendwelche Einzelheiten gerichtet; mögen sie sehr klein oder sehr groß sein: der tägliche Broterwerb oder ein kirchliches Dogma, ein Liebesabenteuer oder die Entdeckung der Periodik der chemischen Elemente - es bleiben immer Einzelheiten, die das Sinnen, das Interesse, die Betätigung erwecken. Der Philosoph aber hat, natürlich in sehr verschiedenen Maßen und niemals in absolut vollkommenem, einen Sinn für die Gesamtheit der Dinge und des Lebens und - insoweit er produktiv ist - die Fähigkeit, diese innere Anschauung oder dieses Gefühl des Ganzen in Begriffe und ihre Verknüpfungen umzusetzen.
Er braucht natürlich nicht immer vom Ganzen zu sprechen, ja vielleicht kann er das im genauen Sinne gar nicht; aber welche Spezialfrage der Logik oder der Moral, der Ästhetik oder der Religion er auch behandle - als Philosoph tut er es nur, wenn jene Beziehung zu der Totalität des Seins irgendwie darin lebt.
Nun ist natürlich die Ganzheit des Daseins im wirklichen Sinne niemandem zugängig und kann auf niemanden wirken. Sie muss erst aus den allein gegebenen Fragmenten der Wirklichkeit zustande gebracht werden - wenn man will: als »Idee« oder auch nur als Sehnsucht -, um so erst die Reaktion des philosophischen Intellekts hervorzurufen.
So ist freilich damit ein Wechsel diskontiert, der nie mit seinem vollen Betrage eingelöst werden wird. Aber dies philosophische Produzieren eines objektiven Ganzen aus den Fragmenten der Objektivität und der Weiterbau auf dem so Produzierten ist nur die äußerste Steigerung eines allgemeinen Verfahrens.
So leuchtet z.B. dem Historiker aus den Bruchstücken der Überlieferung die Ganzheit eines Charakters entgegen, auf die er seine Darstellung aufbaut; ja, selbst die vollständigste Überlieferung kann hier jene innere Anschauung des Gesamtwesens nicht enthalten, sondern diese bleibt die spontane, wenn auch durch äußere Einzelheiten angeregte und gelenkte Tat einer merkwürdigen Energie, die man, um nur einen Namen dafür zu haben, das Totalisierungsvermögen der Seele nennen mag.
Und dieses wird, jenseits einer gewissen Größenschwelle, zur gemeinsamen Voraussetzung alles Philosophierens überhaupt, zu so individuellen - schon in jenen Definitionen der Philosophie ihre Individualität ausdrückenden - Gebilden dieses sich auch entwickle.
Es sind nun zwei prinzipielle Versuche geschehen, die Ganzheit des Seins dennoch in einer realeren Weise zu ergreifen und - sowenig sie von dahingehendem Bewusstsein und Absicht gelenkt waren - eine Verständlichkeit dafür zu schaffen, dass der Philosoph von dieser Ganzheit irgendwie berührt ist und intellektuell darauf antwortet.
Der eine ist der Weg der Mystik, der andre der Kants. - Ich lasse dahingestellt, ob die Mystik - als deren Typus ich hier die des Meister Eckhart wähle - ohne Vorbehalt der Philosophie zuzurechnen ist; vielleicht ist sie ein für sich stehendes geistiges Gebilde, jenseits von Wissenschaft wie von Religion; aber Eckharts Spekulation bewegt sich sozusagen in einer so allgemein menschlichen letzten Tiefe, dass die Philosophie seine Motive ohne weiteres in ihre Formen übertragen kann.
Das erste Glied der Reihe, in die seine Gedanken für unsern jetzigen Zweck zu ordnen sind, ist die absolute Eingeschlossenheit aller Dinge in Gott; insoweit sind sie alle ein Wesen, das einzelne ist nichts Individuelles für sich.
Erst durch das Geschehen, das Eckhart mit dem mystischen Symbole bezeichnet: dass Gott in Ewigkeit den Sohn gebäret - werden die Dinge in ihrer Mannigfaltigkeit.
Aber sie bleiben, ihrer Wurzel wie ihrer Substanz nach, des göttlichen Wesens.
Gott fließt in alle Kreaturen aus und darum ist alles Geschaffene Gott; kehrte sich Gott einen Augenblick ab, so würden sie zunichte.
Dieses Göttliche aber ist in sich schlechthin Einheit - Gott, der alles ist, ist »weder dies noch das«, sondern »ein und einfältig in sich selber«.
So ist also zunächst die Ganzheit der Welt in einen Punkt gesammelt. Dies aber gibt Eckhart die Möglichkeit, sie in die Seele überzuführen. Die Seele selbst hat zwar mannigfache Fähigkeiten, aber es ist ein Mittelpunkt in ihr, der von keiner kreatürlichen Mannigfaltigkeit berührt wird; Eckhart nennt ihn »das Fünkchen« - ein schlechthin »Eines und Einfältiges«, der eigentliche Geist der Seele.
In diesem spricht Gott unmittelbar, ja, er ist überhaupt nicht mehr von Gott geschieden, er ist mit ihm