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EÖR I Zusammenfassung

Das Dokument fasst die wichtigsten Aspekte des innerstaatlichen Organisationsrechts in Österreich zusammen. Es erklärt die drei Gewalten und die drei Gebietskörperschaften des Bundesstaats sowie die verfassungsrechtlichen Grundlagen wie die Bundesverfassung und ihre Prinzipien wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

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EÖR I Zusammenfassung

Das Dokument fasst die wichtigsten Aspekte des innerstaatlichen Organisationsrechts in Österreich zusammen. Es erklärt die drei Gewalten und die drei Gebietskörperschaften des Bundesstaats sowie die verfassungsrechtlichen Grundlagen wie die Bundesverfassung und ihre Prinzipien wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

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EUROPÄISCHES UND ÖFFENTLICHES WIRTSCHAFTSRECHT I

Vorlesung Sommeruni 2020: Felix Reimann und Maximilian Ponader


* Zusammenfassung basiert auf die Folien der Sommeruni 2020 (Reimann und Ponader) und
auf dem Buch „Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I.“ (12. Auflage) (Eberhard,
Grabenwarter, Holoubek, Kröll, Lienbacher, Vranes)

** Auch Grafiken sind aus obigen Quellen

* Zur Komprimierung der Zusammenfassung wird nicht gegendert

LEKTION 1: INNERSTAATLICHES ORGANISATIONSRECHT

1. Staatsgewalt in Österreich
Staatsgewalt
Gesetzgebung Vollziehung
(legislative)
Bund: Länder: Verwaltung (exekutive) Gerichtsbarkeit
National- Landtage (judikative)
rat Bund: Länder: Gemeinden: Bund: Länder:
Bundes- Bundes- Landes- Gemeinderat VfGH/VwGH LVwG
rat regierung regierung Bürgermeister BVwG, BFG
Bundes- Bezirksverwaltungs- OGH
minister gericht ordentliche
Bundes- Gerichte
präsident
• Österreich = demokratischer Bundesstaat
• Bund als auch Gliedstaaten haben Anteil an allen drei Staatsgewalten
• Selbstverwaltungskörper (Gemeinden, Kammern, Sozialversicherungsträger) haben
begrenzten Anteil an Staatsgewalt (Verwaltung)
• 9 Bundesländer à Sonderstellung Wien!

2. Die Drei Gebietskörperschaften


• Bund
• Länder
• Gemeinden
• Bezirke sind nur Verwaltungssprengel und KEINE Gebietskörperschaften

1
3. Verfassungsrechtliche Grundlagen
A. Die österreichische Bundesverfassung
1. Allgemeines
• Stammgesetz = Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
• Keine einheitliche Verfassungsurkunde
• Besondere Rechtserzeugungsregeln
o 50% Präsenzquorum im NR, 2/3 Konsensquorum im NR, Ausdrückliche
Bezeichnung als Verfassungsgesetz
• Zahlreiche einzelne BVG: StGG, EMRK, BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit
• „Spielregelverfassung“
o Österreich ist eine demokratische Republik, 9 Bundesländer,
Gesetzgebungsorgane, Normerzeugungsregeln, oberste Staatsorgane, etc.

2. Die Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung


• Höchste Normen der österreichischen Rechtsordnung
• ergeben sich aus Gesamtzusammenhang der Bundesverfassung
• Demokratisches, republikanisches, bundesstaatliches, rechtsstaatliches
(gewaltenteilendes, liberales) Grundprinzip
• Abänderung oder Aufhebung:
o erschwertes Verfahren nach Art 44 Abs. 3 B-VG
o obligatorische Volksabstimmung (EU-Beitritt 1995)
o nicht unabänderlich, keine Ewigkeitsgarantie

Demokratisches Grundprinzip
• Art 1 B-VG
• parlamentarische Demokratie à System der mittelbaren Demokratie
• Elemente der unmittelbaren Demokratie: Volksbegehren, Volksabstimmung
(Ergebnis bindend), Volksbefragung
• Keine Rechtserzeugungsformen auf direktem Wege (Gesamtänderung)
• Ausnahme: direkte Wahl des Bundespräsidenten und des Bürgermeisters
• Änderung durch EU-Beitritt: Ministerrat ist Teilorgan der EU-Gesetzgebung,
Sekundäres Unionsrecht wird von Unionsorganen erzeugt

Republikanisches Grundprinzip
• Art 1 B-VG
• Position des Staatsoberhauptes
o Zeitlich begrenzte Amtsperiode (6 Jahre)
o Politisch verantwortlich (Volksabstimmung zur Absetzung)
o Rechtlich verantwortlich (Anklage beim VfGH)

2
Bundesstaatliches Grundprinzip
• Art 2 B-VG
• Staatsfunktionen sind auf Bund und Länder durch Kompetenzverteilung aufgeteilt
• Rechtskreise prinzipiell gleichgeordnet
• Mitwirkung der Länder an Gesetzgebung des Bundes durch Bundesrat
• Mitwirkung der Länder an Vollziehung des Bundes durch mittelbare
Bundesverwaltung (Vollzugsföderalismus)
• Verfassungsautonomie der Länder
• Änderungen durch EU-Beitritt: Bundesstaatsblindheit des Unionsrecht,
Einflussverlust der Länder (Devolution), Stellungnahmerecht der Länder (verbindlich
bei einheitlicher Stellungnahme)

Gewaltenteilendes Grundprinzip
• Organisatorische Trennung von Gesetzgebungs- und Verwaltungsorganen
• Trennung von Justiz und Verwaltung (Art 94 B-VG)
• Unvereinbarkeitsbestimmungen
• Wechselseitige Kontrolle („checks and balances“, zB Misstrauensvotum)
• Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit
• Bundesstaatliche Struktur
• Änderung durch EU-Beitritt: Starke Rolle der Europäischen Kommission (Vollziehung)

Rechtsstaatliches Prinzip
• Rechtsstaat
o im formellen Sinn (Legalitätsprinzip)
o im materiellen Sinn (inhaltliche Wertvorstellungen, Grundrechte)
• Verfassungsstaat
o Stufenbau, Normenkontrolle
• Gesetzesstaat
o Legalitätsprinzip (Art 18 Abs. 1 B-VG)
o Ermessen und unbestimmte Gesetzesbegriffe
• Rechtsschutzstaat
o Ordentliche Gerichte, Verwaltungsgerichte, VwGH, VfGH
• Legalitätsprinzip
o Strikte Bindung allen staatlichen Handels an Gesetz und Verfassung
o Art 18 B-VG
§ Jeder Verwaltungsakt (Bescheid) muss im Gesetz begründet sein
§ Jeder Gerichtsakt (Urteil, Erkenntnis) muss im Gesetz begründet sein
o richtet sich an Vollziehung UND Gesetzgebung
§ Gesetzgeber ist verpflichtet Verhalten der Verwaltungsbehörden in
formeller und materieller Hinsicht zu determinieren
§ Mangelhaft determiniertes Gesetz = verfassungswidrig
o Gesetzesbindung = demokratische Legitimation, Rechtssicherheit
(Vorhersehbarkeit)
o Veränderung durch EU-Beitritt: partielle Verdrängung des österreichischen
Legalitätsprinzips durch das europäische

3
• Ermessen und unbestimmte Gesetzesbegriffe
o Gesetzgeber kann Vollziehungsbehörden Ermessen einräumen
o Handlungsermessen und Auswahlermessen
o Ermessensüberschreitung oder -missbrauch machen betreffenden Akt
rechtswidrig
o Unbestimmte Gesetzesbegriffe wie „Dunkelheit“ oder „in angemessener
Weise“ à Spielraum, Einzelfallgerechtigkeit
• Rechtsschutz
o „Fehlerkalkül“ der Rechtsordnung = Unterlassen rechtzeitigen Rechtsschutzes
à Vollziehungsakt wird rechtskräftig!!! (auch wenn rechtswidrig)
o Zivil- und Strafrecht à ordentliche Gerichtsbarkeit
o Verwaltungsrecht à VwG, VwGH
o In besonderen Fällen: VfGH
o Gebot: Rechtsunterworfenen muss der Zugang zu Rechtsschutzsystemen
gewährleistet sein
Liberales Grundprinzip
• Gewährt Einzelperson Freiheit in Gestalt staatsgerichteter Abwehrrechte
• z.B.: Persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Glaubensfreiheit

3. Staatszielbestimmungen und Gesetzesaufträge


• „Programmaufträge“ an den einfachen Gesetzgeber
• Aus Staatszielbestimmungen lassen sich keine unmittelbaren Rechte für
Rechtsunterworfene ableiten
• Gleichstellungen von Menschen mit Behinderung und von Frauen und Männern
(Quoten im öffentlichen Dienst)
• Umwelt- und gesellschaftsbezogene Staatsziele
o BVG über Nachhaltigkeit, Tierschutz, umfassenden Umweltschutz,
Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und Forschung
• Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (öffentliche Aufgabe!)
• Weitere Staatszielbestimmungen: Umfassende Landesverteidigung, Schutz
verschiedener Volksgruppen, Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht
• Immerwährende Neutralität?
o BVG vom 26.10.1955 à Neutralität Österreichs
o Erfüllung von völker- und verfassungsrechtlicher Verpflichtung
o Änderung Art 23f B-VG à Art 23j B-VG
§ Beteiligung an humanitären Aufgaben und Rettungseinsätzen,
friedenserhaltende Aufgaben, Kampfeinsätze bei Krisenbewältigung

4. Soziale Marktwirtschaft
• keine ausdrückliche Entscheidung für Wirtschaftssystem in der Bundesverfassung
• Aus verfassungsrechtlichen Verpflichtungen ergibt sich ein marktwirtschaftliches
System à Grundsatz des einheitlichen Wirtschaftsgebietes (Art 4 B-VG),
Wirtschaftsgrundrechte (Eigentums-, Erwerbsfreiheit)
• Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers à System der Sozialpartnerschaft (SV-
Recht, Pension, Gleichbehandlung) à soziale Marktwirtschaft

4
B. Einfache Gesetze
• Steuerungs- und Ausgestaltungsinstrumente
o Verschiedene Sachbereiche, Verfahren oder organisatorische
Rahmenbedingungen à Gesetzesflut
• „Rechtspolitischer Gestaltungsspielraum“
• Einfache Landesgesetze sind gleichrangig mit einfachen Bundesgesetzen
• Zustandekommen: 1/3 Präsensquorum und einfache Mehrheit (50%+)

C. Stufenbau der Rechtsordnung


Grundprinzipien der österreichischen Verfassung
• Recht entsteht in einem
Europäisches Unionsrecht (primäres, sekundäres)
Erzeugungsprozess (abstrakt à
Bundesverfassung
konkret)
Landesverfassung
• Auf jeder Stufe des Bundesgesetz Landesgesetz
Rechtserzeugungs- und Verordnung
Rechtskonkretisierungsprozess Urteil, Bescheid, Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt
wird Recht eingesetzt
(doppeltes Rechtsantlitz)
• Rechtssetzer ist an übergeordnete Norm gebunden („heteronome Determinante“)
o Gestaltungsfreiheit auf jeweiliger Ebene („autonome Determinante“)
• Niedrigere Rechtsstufe muss mit höherer Rechtsstufe im Einklang stehen

4. Gesetzgebung
• Vorgang, bei dem generell-abstrakte Normen (Gesetze) von Gesetzgebungsorganen
(NR, BR, LT) geschaffen werden
• gesetzliche Bestimmungen = generell-abstrakt à gelten für Allgemeinheit
unverbindlich
• Bescheid, Urteil à individuell-konkrete Rechtsakte
• Durch Gesetze werden politische Zielsetzungen verwirklicht: Ausbau/Abbau
Sozialsystem, Steuerhöhe, Strafbare Handlungen, Universitäre Bildung

A. Bundesgesetzgebung
• Regierungsvorlage (oder
Initiativantrag, Volksbegehren ua)
• Lesungen und Abstimmungen im NR
o Erste Lesung: Debatte über
allgemeine Grundsätze der
Vorlage
§ bei Initiativanträgen
auf Verlangen der
Antragsteller
§ NICHT bei Vorschlägen des Ausschusses
§ bei Regierungsvorschlägen, Gesetzesvorschlägen des BR und
Volksbegehren auf Beschluss des NR
o Ausschussverfahren
o Zweite Lesung: Generaldebatte + Spezialdebatte
o Dritte Lesung: Abstimmung im Ganzen, idR im Anschluss an 2. Lesung,
Positive Abstimmung = Gesetzesbeschluss

5
• Lesungen und Abstimmungen im BR
o Vetomöglichkeit (meist nur suspensiv) à Beharrungsbeschluss des NR
o in einzelnen Fällen: absolutes Veto
• Beurkundung durch den Bundespräsidenten
• Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler
• Verlautbarung im BGBI (online: ris.bka.gv.at)
• Nationalrat:
o Kollegialorgan mit 183 Mitgliedern auf je 5 Jahre
o Allgemeine, freie, gleiche, geheime und persönliche Wahlen
• Bundesrat:
o Länderkammer des
österreichischen
Parlaments
o von Landtagen
gewählt
o wenig
Einflussmöglichkeit

B. Gesetzgebung der Länder


• Erfolgt durch jeweilige Landtage
• Mitglieder der Landtage werden durch Landesvolk gewählt
• Gesetzgebungsverfahren jenem in NR sehr ähnlich
• Ausnahmsweise: Mitwirkung des Bundes an Landesgesetzgebung, wenn diese
Abgaben zum Gegenstand hat

5. Vollziehung
• umfasst alle Akte, die aufgrund von Gesetzen zu deren Konkretisierung und
Durchführung gesetzt werden
• Erscheinungsformen: Gerichtsbarkeit, Verwaltung
• Legalitätsprinzip! à gesetzloser Akt ist rechtswidrig und vernichtbar

A. Wer handelt, wenn der Staat handelt?


• Vollzug durch Organe:
o Organ = Bündel von Zuständigkeiten
o Organwalter = Natürliche Person, die Organfunktion wahrnimmt
o Organ im organisatorischen und funktionellen Sinn (BVB)
o Behörde = Organ mit Hoheitsgewalt (Imperium)
o Kollegialorgan – monokratisches Organ

6
B. Vollziehung: Gerichtsbarkeit
• wichtig: Unterscheidung Privatrecht – öffentliches Recht
• Ordentliche Gericht:
o Streitigkeiten inter privatos + Strafrechtspflege
o Zivil- und Strafrecht = Angelegenheiten des Bundes in Gesetzgebung und
Vollziehung
o Ordentliche Gerichte = Bundesbehörden
• Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts
o Verwaltungsgerichte, VfGH/VwGH
• Richter: unabhängig, unversetzbar, unabsetzbar (keine Weisungsbindung)

B. Vollziehung: Verwaltung
Hoheitsverwaltung
• Jener Teil der Staatsgewalt, in dessen Rahmen öffentliches Recht von
Verwaltungsbehörden vollzogen wird
• Prinzipien: Weisungsbindung und Legalitätsprinzip
• Einfaches Verwaltungshandeln
o Tätigkeit der Behörden und Organe, ohne hoheitliche Akte zu erlassen à
meisten Staatsangelegenheiten (Erstellung von Gesetzesentwürfen,
Ausstellungen von Urkunden, etc.)
• Bundesverwaltung
o BPräs, BReg (Kollegialorgan), Bundes- und Vizekanzler, einzelne BM
o Gleichgeordnet, kein Weisungszusammenhang
o Abhängigkeit bei Setzung bestimmter Akte (Art 67, 68, 70, 74, 76 B-VG)
o Unmittelbare Bundesverwaltung
§ Art 10 iVm Abs2. B-Vg (+ jeweiliges Materiengesetz)
§ Bundespolizei, Finanzämter, Studienbeihilfenbehörden
§ Beschwerde an Bundesverwaltungsgericht
o Mittelbare Bundesverwaltung
§ Vollzug von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch
Landesbehörden
§ Weisungszusammenhang zwischen Bundes- und Landesbehörden
§ LH Träger der mittelbaren Bundesverwaltung (Weisungen an BVB)
§ Beschwerde an Landesverwaltungsgericht
• Landesverwaltung
o Landesverwaltung wird von Landesbehörden besorgt
o Bundesland ist in politische Bezirke gegliedert, die von BVB verwaltet werden
o BVB ist regelmäßig die Bezirkshauptmannschaft (BH)
o Oberstes Organ der Landesverwaltung: LReg (Kollegialorgan) à
Weisungsbefugnis gegenüber BVB
o Beschwerde an Landesverwaltungsgericht

7
• Gemeindeverwaltung
o Eigener Wirkungsbereich:
§ Ausschließliches oder überwiegendes Interesse
§ Geeignet durch Gemeinde besorgt zu werden (z.B.: örtliche Polizei)
o Kein Weisungsrecht von Behörden außerhalb des Selbstverwaltungskörpers
(außer Aufsichtsrecht)
o Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich zweigliedrig, sofern nicht
ausgeschlossen (z.B. Tirol)
o Übertragener Wirkungsbereich:
§ Gemeinde ist für Bund oder Land tätig
§ Weisungszusammenhang zu den übergeordneten Landes- bzw.
Bundesorganen
§ Meldewesen (Bundesssachen), Führung Landeswählerevidenz
(Landessachen)
o Beschwerde an Landesverwaltungsgericht
Vollziehung
Verwaltung Gerichtsbarkeit
Privatwirtschafts- Hoheitsverwaltung Gerichts- Ordentliche
verwaltung Bundes- Landes- Selbst- barkeit des Gerichts-
verwaltung verwaltung verwaltung öffentlichen barkeit
unmittelbare Gemeinden, SV- Rechts
& Träger,
mittelbare österreichische
HochschülerInnen-
schaft, Kammer

C. Akte der Vollziehung


• Gerichtsbarkeit: Erkenntnis, Urteil, Beschluss
• Verwaltung
o Hoheitsverwaltung: Verordnung, Bescheid, AuvBZ, Weisung, einfaches
Verwaltungshandeln
o Privatwirtschaftsverwaltung
D. Rechtsschutz bei der Vollziehung
• Rechtsstaatliches Prinzip (Art 18 B-VG)
• Überprüfung und Korrektur fehlerhafter Entscheidungen von Staatsorganen
(„Fehlerkalkül“ der Rechtsordnung)
• Verwaltung
o Gerichtlicher Rechtsschutz durch VwG
o Weiterer Rechtsschutz durch VwGH und VfGH
• Ordentliche Gerichtsbarkeit
o Zivilgerichtsbarkeit (Berufung, Rekurs, Revision, Revisionsrekurs)
o Strafgerichtsbarkeit (Berufung, Nichtigkeitsbeschwerde)
o Gerichte: BG, LG, OLG, OGH

8
LEKTION 2: ORGANISATIONSRECHT DER EU

1. Was ist die EU?


A. Die Ursprünge der Europäischen Union
• 1948: Gründung der Organisation für europäische und wirtschaftliche
Zusammenarbeit (OECC). Seit 1961 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD)
• Mai 1959: Gründung des Europarats. Schaffung einer engeren Verbindung zwischen
Mitgliedern. Schaffung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht (EGMR)
• 1949: Gründung der NATO
• 1951: Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)
o Erstmalige Zusammenarbeit von Staaten in einem Bereich
o Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien, Luxemburg, Niederlande
• 1957 (1958): Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der
Europäischen Atomgemeinschaft (EAG bzw. EURATOM) durch die „Römischen
Verträge“
o Grundlage für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen
Völker

B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Union


1. Vom Maastrichter Vertrag bis zum Vertrag über eine Verfassung für Europa
• 1992 (1993): Vertrag von Maastricht
o Gründung der Europäischen Union
§ Vereinigung von EGKS, EAG und EWG (EG)
o Europäische Gemeinschaft wurde unter „gemeinsames Dach“ gestellt
o EWG wurde in Europäische Gemeinschaft (EG) umbenannt
1. Säule 2. Säule 3. Säule
Europäische Gemeinsame Außen- und Polizeiliche und justizielle
Gemeinschaft Sicherheitspolitik (GASP) Zusammenarbeit
EG: Zusammenarbeit in Außenpolitik: Kampf gegen organisierte
verschiedenen Bereichen Friedenserhaltung, Verbrechen, Polizeiliche
EURATOM Gemeinsame Positionen, Zusammenarbeit,
EGKS Demokratie, Einwanderungs- und
Menschenrechte Asylpolitik
Sicherheitspolitik: Kampf
gegen Terrorismus,
Gemeinsames Vorgehen
• 1997 (1999): Vertrag von Amsterdam
o Anpassung der EU an Osterweiterung
o Einfluss des Europäischen Parlaments wurde ausgeweitet
o Teile aus der 3. Säule wurden in die 1. Säule übernommen
• 2001 (2003): Vertrag von Nizza
o Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen
o Weitere institutionelle Änderungen
• Vertrag über Verfassung für Europa wurde zwar unterzeichnet, aber kam nie in Kraft

9
2. Vertrag von Lissabon
• Säulenstruktur wurde aufgegeben
• EU erhält Rechtspersönlichkeit
• Europäisches Parlament bekam neue Befugnisse
• Grundrechtcharta (GRC) wurde rechtsverbindlich
• Kompetenzverteilung wurde explizit festgeschrieben
• Neue Gesetzgebungsbefugnisse für die EU (z.B. im Bereich Sicherheit & Justiz)
• Einführung Bürgerinitiative
• Möglichkeit des Austritts wurde explizit verankert

2. Europäisches Primärrecht
• Vertrag über die Europäische Union (EUV)
o enthält Grundlagenbestimmungen über Werte, Ziele, Ermächtigungen,
Organe der EU etc.
• Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
o enthält institutionelle (Organe/Verfahren) und materielle
(Zuständigkeiten/Kompetenzen) Ausführungsbestimmungen
• Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
• Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC)

3. Supranationalität
• Unionsrecht ist überstaatliches Recht
o kein nationales Recht, kein Völkerrecht
• Staaten können gegen ihren Willen gebunden werden (Mehrheitsbeschlüsse) à
Ausnahme GASP, nur Einstimmigkeit
• Rechtsakte können sich an Staaten UND unmittelbar an Bürger richten
• Unabhängige Organe (z.B. Kommission)
• Eigene, obligatorische Gerichtsbarkeit (EuGH), die ausschließlich zuständig ist

4. Institutionen der EU
A. Europäischer Rat
• Oberstes politisches Steuerungsorgan der EU
• Mitglieder:
o Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten
o Präsident des Europäischen Rates (dzt Charles Michel)
o Präsident der Kommission
• Aufgaben:
o Bestimmung der allgemeinen politischen Zielvorstellungen unter Prioritäten
der Europäischen Union
o Festlegung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Hoher Vertreter
der EU für die GASP)
o Ernennt Kandidaten (EZB, Kommission)

10
B. Rat der Europäischen Union – Ministerrat
• Gesetzgebungsorgan der EU (idR gemeinsam mit Europäischem Parlament)
• Mitglieder: jeweilige Fachminister der nationalen Regierungen à 10 verschiedene
Besetzungen möglich (Außenminister, Wirtschaftsminister, Umweltminister, etc.)
• Wechselnder Vorsitz (dzt Deutschland, 2021 Portugal und Slowenien)
• Aufgaben:
o Abstimmung und Verabschiedung von Rechtsakten
o Koordinierung politischer Maßnahmen
o Abschluss internationaler Übereinkünfte
o Genehmigung des Haushaltsplans der EU (gemeinsam mit EP)
• Beschlussfassung (doppelt-qualifizierte Mehrheit)
o 55% der Mitglieder und 65% der Bevölkerung
o Blockademinderheit aus 4 Mitgliedstaaten möglich

C. Europäisches Parlament
• Gesetzgebungsorgan der EU (idR gemeinsam mit Rat)
• 705 direkt gewählte Abgeordnete (AT 18)
• Abgeordnete wählen Präsidenten (dzt David Sassoli)
• Aufgaben
o Kontrolle aller EU-Organe (insbesondere Komission)
o Wahl der Präsidentin der EU-Kommission (gemeinsam mit Rat)
o Haushaltsplanung (gemeinsam mit Rat)

D. Europäische Kommission
• Unabhängiges Organ der EU/Gesetzgebungsorgan
• 27 Kommissionmitglieder (Österreich: Johannes Hahn (Haushalt und Verwaltung),
Präsidentin: Ursula von der Leyen)
• Aufgaben:
o Ausschließliches Handeln im Interesse der Union
o Vertretung der EU auf internationaler Ebene
o Durchsetzung des EU-Rechts (gemeinsam mit EuGH)
o Vergabe von Finanzmitteln
o Erlassung von Rechtsvorschriften in ihr zugewiesenen Bereichen

E. Gerichtshof der Europäischen Union


• Europäischer Gerichtshof (EuGH)
o Ein Richter aus jedem EU-Land + 11 Generalanwälte für je 6 Jahre
• Europäisches Gericht (EuG)
o Zwei Richter aus jedem EU-Land für je 6 Jahre
• Aufgaben EuGH
o Auslegung des Rechts (Auslegungsmonopol)
o Durchsetzung von Recht (Vertragsverletzung)
o Überprüfen von EU-Recht (Verwerfungsmonopol)
o Gewährleistung einer funktionierenden Union
o Strafmaßnahmen gegen EU-Institutionen

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F. Sonstige Institutionen
• Europäische Zentralbank
• Europäischer Rechnungshof
• Europäische Investitionsbank
• Wirtschafts- und Sozialausschuss
• Ausschuss der Regionen
• Der Europäische Bürgerbeauftragte
• Ämter und Agenturen der Europäischen Union

5. Wann darf die EU tätig werden?


• Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
o EU wird nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die ihr durch die
Mitgliedstaaten übertragen wurden à Kompetenz-Kompetenz der MS
o teilweise weitgehende Befugnisse
o Binnenmarkt, Zollunion, Währungspolitik, gemeinsame Handelspolitik
• Alle weiteren Kompetenzen verbleiben bei Mitgliedsstaaten
• „Subsidiaritätsprinzip“
o EU darf nur handeln, wenn die angestrebten Ziele besser auf Unionsebene
verwirklicht werden können

6. Welche EU-Rechtsvorschriften gibt es und wer vollzieht sie?


A. Primäres Unionsrecht
• Vertrag über die Europäische Union (EUV) und Vertrag über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV)
• EU-Grundrechtecharta (GRC)
• Allgemeine Rechtsgrundsätze, Unionsgrundrechte

B. Sekundäres Unionsrecht – Abgeleitetes Unionsrecht


1. Welche abgeleiteten Unionsrechtsakte gibt es?
• Verordnung (verbindlich):
o gilt unmittelbar und allgemein in den Mitgliedstaaten
o dient der Vereinheitlichung
o richtet sich an Bürger

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• Richtlinie (verbindlich):
o richtet sich an Mitgliedstaat
o nicht unmittelbar anwendbar = Umsetzung mit Frist
o Ausnahme: nicht fristgesetzte Richtlinie kann ausnahmsweise im Verhältnis
Staat <-> Bürger Wirkung entfalten
• Beschluss (verbindlich):
o Individuell-konkreter Akt
o Muss sich zumindest an bestimmbaren Adressaten richten
• Empfehlung/Stellungnahme:
o Empfehlungen können nur von Rat, Kommission und EZB abgegeben werden
o Trotz Unverbindlichkeit von nationalen Behörden zu berücksichtigen
o Stellungnahmen können von allen Unionsorganen abgegeben werden

2. Rechtsakte mit und ohne Gesetzgebungscharakter; tertiäres Unionsrecht

• Ordentliches Gesetzgebungsverfahren
o Rat und Parlament beschließen gemeinsam einen Rechtsakt (VO, RL,
Beschluss) auf Vorschlag der Kommission
• Besondere Gesetzgebungsverfahren
o Nur in primärrechtlich vorgesehenen Fällen (z.B. Vorkehrungen gegen
Diskriminierung, Harmonisierung der Umsatzsteuer)
o Rat/Parlament entscheidet nach Anhörung/Zustimmung des Parlaments/Rats
o Initiativrecht geht idR weiter von der Kommission aus
• Rechtsakte ohne Gesetzgebungscharakter
o Delegierte Rechtsakte/Durchführungsrechtsakte
o Kompetenz kann Kommission durch VO oder RL übertragen werden
o Kommission kann auf dieser Basis delegierte Richtlinien und Verordnungen
erlassen
o Es dürfen nur Ergänzungen oder Änderungen „nicht wesentlicher“
Vorschriften vorgenommen werden
o Vorteil: Umgehung des komplexen ordentlichen Verfahrens; zügige
Anpassung von Sekundärrechtsakten
o Nur Rechtsakte, keine Gesetzgebungsakte!

13
3. Inkrafttreten von Rechtsakten
• Inkrafttreten durch Kundmachung im Amtsblatt
• Verschiedene Teile:
o L (legislation, Rechtsetzung): Verordnungen, Richtlinien, Beschlüssee
o C (communications, Mitteilungen): Empfehlungen, Stellungnahmen, ...
• Grundsätzliches Inkrafttreten am 20. Tag nach Veröffentlichung

C. Vollziehung von Unionsrecht


• Mitgliedstaatlicher Vollzug
o in den überwiegenden Fällen
o Durch nationale Verwaltungsbehörde (BH, Magistrat, etc.)
o Nationales Verwaltungsverfahren wird angewendet (Effektivitäts- und
Äquivalenzprinzip)
o Bsp.: nationale Behörde stellt EU-Bürger eine Gewerbeberechtigung aus
• Direkter Vollzug
o idR nur bei ausschließlichen Kompetenzen
o Vollzug durch Europäische Kommission
o Eigenes Verfahrensrecht
o Bsp.: EU-Kommission verhängt Geldbuße gegen Unternehmen wegen
Kartellverstoß

7. Charakteristik des Unionsrechts


A. Unionsrecht gilt autonom und unmittelbar
• Maßgebende Entscheidung EuGH Costa/E.N.E.L (1964)
• Unionsrecht stellt eine Eigenständige autonome Rechtsordnung dar
o Gilt als eigenes Recht in den Mitgliedstaaten (weder Bundes- noch
Landesrecht)
o Ist von mitgliedstaatlichen Organen wie nationales Recht anzuwenden
o Eigenes Begriffsverständnis (unabhängig von Mitgliedstaaten)
• Unionsrecht gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten
o Unionsrecht kann sich an Einzelpersonen richten (Vgl. Verordnung)
o Es ist grundsätzlich keine Umsetzung notwendig

B. unmittelbare Anwendbarkeit und Anwendungsvorrang


• Unmittelbare Anwendbarkeit
o Maßgebliche Entscheidung EuGH Van Gend & Loos (1963)
o Unionsrecht verleiht den Bürgern unmittelbar Rechte und Pflichten
o Diese können vor den nationalen Behörden durchgesetzt werden
o Unmittelbar anwendbar sind Grundfreiheiten, Verordnungen und unter
Umständen Teile von Richtlinien

C. Unionsrecht hat Vorrang


• Anwendungsvorrang
o Im Konfliktfall zwischen nationalem Recht und Unionsrecht
o Unionsrecht hat Vorrang vor nationalem Recht (auch Verfassungsrecht)
o Dem Unionsrecht widersprechendes Recht darf NICHT angewendet werden

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LEKTION 3: GRUNDRECHTE DER WIRTSCHAFT

1. Allgemeines zu den Grundrechten


A. Was sind Grundrechte?
• Verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, Art 144 B-VG
• Subjektive Rechte à in einem verfahren durchsetzbar
• im Verfassungsrang
• Staatsgerichtete Abwehrrechte à schaffen Freiheitsraum
• Setzen dem Handeln des Staates in all seinen Erscheinungen Grenzen
• Begründen idR Unterlassungspflichten für den Staat
• Gelegentlich auch Handlungspflichten (Gewährleistungspflichten)
o Staat muss Voraussetzungen schaffen (Verfahrensgrundrechte, Wahlrecht,
eigene Gruppe = Institutsgarantien)
o Verpflichtung Eingriffe Dritter zu verhindern (Schutzpflicht, Art 2 EMRK)

B. Wo sind die Grundrechte geregelt?


• Üblicherweise integraler Bestandteil einer Verfassungsurkunde à kein einheitlicher
Grundrechtskatalog
• Staatsgrundgesetz 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG)
• Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
• B-VG
• In eigenem Bundesverfassungsgesetz geregeltes Grundrecht à BVG über den Schutz
der persönlichen Freiheit
• Grundrecht in ansonsten „einfachem“ Gesetz
• Grundrechtcharta
o Grundrechte sind NICHT dasselbe wie Grundsätze (keine justiziablen Rechte,
Formulierung!)
• Europarat und EMRK
o Europarat ≠ Europäischer Rat oder Rat der EU
o Überwacht Einhaltung der EMRK
o Hat mit der EU grundsätzlich nichts zu tun
o Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ≠ EuGH

C. Welche Grundrechte gibt es?


• Funktion der Grundrechte:
o Staatsgerichtete Abwehrrechte
o Gewährleistungsgarantien
o Schutzpflichten des Staates
• Freiheitsrechte (Fundamentalgarantien, Rechte der Person, ...)
• Gleichheitsrechte – Verbot unsachlicher Differenzierung
• Verfahrensgarantien (Recht auf Zugang zum Gericht, Recht auf ein Verfahren, ...)
• Politische Rechte (Wahlrecht, Petitionsrecht, ...)
• Soziale Rechte (Recht auf Arbeit oder Wohnung, ...)

15
D. Wen verpflichten die Grundrechte?
• Bindung der einfachen Gesetzgebung
o Folge des Verfassungsrangs
o Umfang, Reichweite der Bindung ergibt sich aus Grundrechtsbestimmung
§ Gesetzesvorbehalt, Eingriffsschranken, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• Bindung der einfachen Verwaltung und Gerichtsbarkeit
• Fiskalgeltung der Grundrechte
o Bindung des Staates als Träger von Privatrechten an Grundrechte
o Privatwirtschaftsverwaltung
o Insbesondere Gleichheitssatz (z.B. Vergabe öffentlicher Aufträge)
• Mittelbare Wirkung zwischen Privatpersonen („Drittwirkung“)
o Grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zwischen Privaten
o Mittelbare Drittwirkung über Gesetze, die das Verhalten von Privaten regeln

E. Wen berechtigen die Grundrechte?


• Grundrechtsträger: Natürliche und juristische Personen
• Jedermannsrechte vor allem in der EMRK
• Staatsbürgerrechte vor allem des StGG (z.B. Erwerbsfreiheit)
o auch EU/EWR-Bürger wegen Art 18 AEUV à Verbot der Diskriminierung aus
Gründen der Staatsangehörigkeit

F. Wer überwacht die Einhaltung der Grundrechte?


• Verfassungsgerichtshof (VfGH)
o Erkenntnisse & Beschlüsse, Art 144 B-VG
o Gesetze (Verwaltungsgesetze, Zivilgesetze, Strafgesetze, etc.), Art 140 B-VG
o Verordnungen, Art 139 B-VG
• Oberster Gerichtshof (OGH)
o Urteile
o Beachte: Parteiantrag auf Normenkontrolle (seit 2015)
• Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
o EMRK-Rechte
• Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)
o Maßstab: Grundrechtecharta

Gesetzesprüfung
Gesetzgebung Verwaltung
Eingriff in den Schutzbereich des Eingriff in den Schutzbereich des
Grundrechts Grundrechts
Gesetzesprüfungsschema Entscheidungsprüfungsschema
Ein Gesetz verletzt Grundrechte, wenn es Eine Entscheidung eines VwG verletzt
1. kein im öffentlichen Interessen gelegenes Grundrechte, wenn
Ziel verfolgt 1. sie ohne gesetzliche Grundlage erlassen
2. zur Zielerreichung nicht geeignet ist wurde
3. nicht erforderlich ist 2. sie auf einem verfassungswidrigen Gesetz
4. nicht adäquat ist beruht
3. das zugrunde liegende Gesetz
verfassungswidrig angewendet wird

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2. Die Erwerbsfreiheit
A. Schutzbereich der Erwerbsfreiheit und Eingriffe
1. Schutzbereich der Erwerbsfreiheit
• Persönlicher Schutzbereich
o inländische natürliche und juristische Person + EU/EWR-Angehörige
• Sachlicher Schutzbereich
o Erwerbstätigkeit, die auf wirtschaftlichen Erfolg gerichtet ist (selbstständig
und unselbstständig)
o Schutzumfang: Antritt und Ausübung

2. Eingriffe in die Erwerbsfreiheit


• Eingriff = jeder staatliche Akt, der die grundrechtlich geschützte Shpäre
(Schutzbereich) eines Grundrechtsträger in belastender oder beschränkender Weise
berührt
• Objektive Zugangsbeschränkungen
o Schranken des Zugangs, die der Betroffene nicht aus eigener Kraft
überwinden kann (z.B.: Bedarfsprüfung)
• Subjektive Zugangsbeschränkungen
o Beschränkungen, die in der Person des Betroffenen liegen und aus eigener
Kraft überwindbar sind (z.B.: Ausbildungserfordernisse)
• Ausübungsbeschränkungen
o Weniger schwerwiegend (z.B.: Ladenschlusszeiten, Werbeverbote, Vorgaben
zur Preiskalkulation)

B. Bindung der Gesetzgebung


• Nicht jeder Eingriff in ein Grundrecht stellt eine Verletzung dieses Grundrechts dar!
• Prüfung: Verfassungsgemäß oder verfassungswidrig?

1. Gesetzesvorbehalt
• Gesetzgeber darf freie Erwerbstätigkeit beschränken
• Formeller Gesetzesvorbehalt – „unter den gesetzlichen Bedingungen“
• Aber: Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

2. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• Öffentliches Interesse
o Ziel der gesetzlichen Regel muss im öffentlichen Interesse liegen
o z.B.: Umweltschutz, Konsumentenschutz, öffentliche Ordnung
o VfGH prüft Kriterium nicht streng à weiter Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers à Vertretbarkeitskontrolle
• Geeignetheit
o Gesetz muss zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Ziels
geeignet sein
o Weiter Gestaltungsspielraum
o z.B.: Standortbeschränkung für Einkaufszentren (Verhinderung des
„Greißlersterbens“), Bedarfsprüfung bei der Verleihung von Taxikonzessionen
(reiner Konkurrenzschutz)

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• Erforderlichkeit
o Gesetzgeber muss gelindestes Mittel zur Zielerreichung wählen
o Gesetz muss erforderlich sein, um das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel zu
erreichen
o Gewerbepolizeiliche, wettbewerbsrechtliche Regelungen sind weniger
eingriffsintensiv als z.B. eine Bedarfsprüfung
o Beachte: VfGH führt Erforderlichkeitsprüfung nur bei
Erwerbsantrittsbeschränkungen durch
• Adäquanz
o Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn
o Abwägung zwischen Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der
rechtfertigenden Gründe (Güterabwägung)
o Angemessene Relation zwischen öffentlichen Interessen und der durch
Eingriff beschränkten Grundrechtsposition – Adäquanz
o Je intensiver die Beschränkung der Erwerbsfreiheit, desto gewichtiger muss
öffentliches Interesse sein, zu dessen Gunsten Eingriff vorgenommen wird

C. Bindung der Vollziehung


• Bescheide von Verwaltungsbehörden sowie Erkenntnisse und Beschlüsse der VwG
können ebenso Erwerbstätigkeit beschränken
• Verbot „krasser“ Grundrechtseingriffe durch Bescheid oder Entscheidung:
o ohne gesetzliche Grundlage
o Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes
o verfassungswidrige Gesetzesauslegung

3. Eigentumsfreiheit
A. Schutzbereich und Eigentumseingriffe
• Persönlicher Schutzbereich: Jedermann (natürliche und juristische Personen)
• Sachlicher Schutzbereich:
o jedes vermögenswerte Privatrecht (z.B.: Eigentum, Mietrecht, Pachtrecht,
Urheberrecht)
o auch öffentlich-rechtliche Ansprüche, wenn Gegenleistung des Berechtigten
gegenübersteht (z.B. Arbeitslosengeld, Gehaltsansprüche)
o Privatautonomie = Recht privatrechtliche Verträge abzuschließen

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• Enteignung
o Entziehung einer Eigentumsposition durch hoheitlichen Akt (Gesetz, Bescheid,
etc.)
o an einer Sache oder vermögenwertem Recht
o und Übertragung auf einen Dritten
• Eigentumsbeschränkung
o Einschränkung einer Eigentumsposition (z.B.: Denkmalschutz)
o Materielle Enteignung (z.B.: Umwidmung + Betretungsverbot)

B. Bindung der Gesetzgebung


• Gesetzesvorbehalt
• Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
o Konkreter Bedarf, im öffentlichen Interesse
o Enteignetes Objekt muss zur Deckung des Bedarfs geeignet sein
o Unmöglich, diesen Bedarf anders zu decken (Einigung mit Eigentümern)
o Gilt ebenso für Eigentumsbeschränkungen!
• Gebot der Entschädigung
o Weder Art 5 StGG noch Art 1.1 ZPEMRK räumen Grundrechtsträger
ausdrücklich Anspruch auf finanzielle Entschädigung ein
o EGMR, VfGH leiten jedoch aus den gesetzlichen Bestimmungen
Entschädigungsanspruch ab
o Meisten Enteignungsgesetze haben ohnehin entsprechende Entschädigung
o Wenn enteignete Sache nicht vorgesehenem Zweck zugeführt wird à
Anspruch auf Rückübereignung

C. Bindung der Vollziehung


• Eigentumsfreiheit bindet auch Verwaltungsbehörden und Gerichte
• Eine in Eigentum eingreifende Entscheidung eines VwG verletzt das Grundrecht,
wenn sie
o ohne gesetzliche Grundlage ergeht,
o sich auf verfassungswidrige Rechtsgrundlage stützt
o oder eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage
denkunmöglich anwendet

4. Verfahrensgrundrechte
• sichern die Position des Rechtsunterworfenen im Verhältnis zu Verwaltung oder
Gericht
• Effektuieren damit das rechtsstaatliche Prinzip

A. Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art 18 Abs. 2 B-VG)
• Bindung des Gesetzgebers
o Genaue Festlegung der Zuständigkeit
o Schaffung von Behörden und Zuständigkeiten nur durch Gesetz
o Verbot konkurrierender Zuständigkeiten verschiedener Behörden

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• Bindung der Vollziehung
o Genaue Einhaltung der Zuständigkeit
o Entscheidung eines VwG verletzt Art 83 Abs. 2 B-VG, wenn das VwG eine ihm
gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in
gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt
• EuGH als gesetzlicher Richter: Vorabentscheidungsverfahren nach Art 267 AEUV

B. Recht auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK und Art 47 GRC)
• Art 6 EMRK entsprechende Regelung à Art 47 GRC
• Schutzbereich des Art 47 GRC nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche und
strafrechtliche Anklagen beschränkt

1. Anwendungsbereich des Art 6 EMRK


• Verfahren über Streitigkeiten, die zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen (civil
rights and obligations) betreffen und Verfahren über strafrechtliche Anklagen
• Anwendungsbereich: autonome Auslegung von Begriffen eines völkerrechtlichen
Vertrages
• Zivilrechtliche Ansprüche iSd Art 6 EMRK
o Streitigkeiten unter Privaten
o Auch Verfahren des öffentlichen Rechts,
§ wenn Ergebnisse für zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen
unmittelbar entscheidend sind
§ wenn sie in die Erwerbstätigkeit der Person eingreifen oder
§ vermögenswerte Auswirkung haben
o Bsp.: Grundverkehrsbehördliche Genehmigungen, Enteignungsmaßnahmen,
Verfahren zur Erteilung einer Baubewilligung, Berufsverbote, sozial- und
beamtenrechtliche Ansprüche
• Begriff der strafrechtlichen Anklage
o bestimmt sich nach Inhalt der Beschuldigung und vorgesehenen Strafen
o Erfasst gerichtliches Strafrecht + Verwaltungsstrafrecht
o Überdies Disziplinarstrafen, durch welche Freiheit entzogen wird oder die in
Schwere solchen Strafen gleichkommen (z.B.: Berufsausübungsverbote)

2. Gewährleistungsumfang
• Anspruch auf ein „Tribunal“ bei zivilrechtlichen Streitigkeiten und strafrechtlichen
Anklagen à „civil rights and obligations“
• Verfahrensrechtliche Mindestgarantien:
o Zugang zu Tribunal, Angemessene Verfahrensdauer, Anspruch auf öffentliche
mündliche Verhandlung, Anspruch auf faires Verhalten (Gewährung von
Parteiengehör), Zusätzliche Garantien in Strafverfahren
(Unschuldsvermutung, Recht auf Verteidigung)

C. Weitere Verfahrensgrundrechte
• Keine Strafe ohne Gesetz – „nulla poena sine lege“ (Art 7 EMRK)
• Recht, sich nicht selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen (Art 90 Abs. 2 B-VG)
• Recht auf wirksame Beschwerde (Art 13 EMRK)
• Doppelbestrafungsverbot – „ne bis in idem“ (Art 4 7. ZPEMRK)

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LEKTION 4: BINNENMARKTRECHT

1. Die Grundfreiheiten
• Der Europäische Binnenmarkt (Art 26 Abs. 2 AEUV)
o Raum ohne Binnengrenzen
o freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital
• Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) stellt vertiefte Freihandelszone dar
o Mitgliedstaaten sind EFTA-Staaten (Europäische Freihandelsassoziation) mit
Ausnahme der Schweiz à EU + Norwegen, Island & Liechtenstein
Grundfreiheiten des Binnenmarkts
Freier Freier Personenverkehr Freier Freier Kapital-
Waren- Arbeitnehmer- Niederlassungs- Dienstleistungs- und
verkehr freizügigkeit freiheit verkehr Zahlungsverkehr
(Art 28 ff (Art 45 ff AEUV) (Art 49 ff AEUV) (Art 56 ff AEUV) (Art 63 ff AEUV)
AEUV)
• Subjektive Rechte für Unionsbürger (natürliche und juristische Personen)
• Adressaten sind grundsätzlich die Mitgliedstaaten
• Anwendungsbereich:
o Grenzüberschreitender Bezug ist für Anwendung erforderlich à Problem:
Inländerdiskriminierung, weil reine Inlandssachverhalte nicht erfasst werden
o Gelten im gemeinsamen Territorium der EU
• Grundfreiheiten enthalten Diskriminierungsverbot und Beschränkungsverbot

2. Grundstruktur der Grundfreiheiten


A. Diskriminierungsverbot
Diskriminierungsverbot
Ausdrückliche/offene Diskriminierung versteckte/mittelbare Diskriminierung
- Ungleichbehandlung aufgrund - Diskriminierung ohne ausdrückliche
Staatsangehörigkeit/Herkunft Anknüpfung an Staatsangehörigkeit
- Beispiele: - Differenzierung nach scheinbar neutralem
• nur österreichische Staatsbürger Kriterium
dürfen eine Bäckerei eröffnen - Beispiel:
• Italienische Autos können in • Nur Personen mit österreichischer
Österreich nicht zugelassen werden Bäckereilehre dürfen eine Bäckerei
eröffnen

B. Beschränkungsverbot
• Maßnahmen, die die Inanspruchnahme der Grundfreiheiten behindern oder weniger
attraktiv machen à Maßnahmen müssen nicht diskriminierend sein
• Weiterentwicklung des Diskriminierungsverbots
• Beispiele:
o Liköre mit Alkoholgehalt unter 25% dürfen nicht verkauft werden
o Käse darf nur in Laiben, nicht aber in Scheiben verkauft werden

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C. Rechtfertigung
• Grundfreiheiten werden nicht uneingeschränkt gewährleistet à Rechtfertigung ist
möglich
• Eingriff in die Grundfreiheiten muss allerdings durch Rechtfertigungsgrund gedeckt
sein und verhältnismäßig sein
o Unmittelbare Diskriminierung: nur durch explizit in den Verträgen genannte
Gründe (AEUV)
o Mittelbare Diskriminierungen und Beschränkungen: durch „zwingende
Gründe des Allgemeininteresses“
• Vertragliche Rechtsfertigungsgründe sind bspw.:
o Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit
o Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen
o Schutz des nationalen Kulturguts
• Vertragliche Rechtsfertigungsgründe müssen eng ausgelegt werden
• Nur durch vertragliche Rechtfertigungsgründe kann eine ausdrückliche
Diskriminierung gerechtfertigt werden
• Mittelbare Diskriminierung und Beschränkungen können auch durch ungeschriebene
Rechtsfertigungsgründe gerechtfertigt werden
• Rechtfertigungsgründe durch Rechtsprechung des EuGH entwickelt
• EuGH bejahte diese erstmals in der Rs „Cassis de Dijon“ (1979)
• Weitere Rechtfertigungsgründe: Verbraucherschutz, Schutz von Arbeitnehmern,
Sicherheit des öffentlichen Verkehrs, Umweltschutz, usw.
• Verhältnismäßigkeit – 3-stufige Prüfung
o 1. Rechtsfertigungsgrund liegt vor (öffentliches, nicht bloß wirtschaftliches
Interesse)
o 2. Die fragliche Regelung ist zur Erreichung des Ziels geeignet
o 3. Es muss sich um das gelindeste Mittel handeln; Maßnahmen dürfen nicht
über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist

D. Rechtsangleichung („Harmonisierung“)
• ergänzend zu Grundfreiheiten können Harmonisierungsmaßnahmen beschlossen
werden
• Harmonisierung kann sich auf alle Rechtsgebiete beziehen
• Erfolgt idR durch Richtlinie oder Verordnung
• Auch auf Unionsebene muss Schutzinteresse vorliegen
• Zwei Möglichkeiten der Harmonisierung:
o Mindestharmonisierung: Unter Umständen Möglichkeit von strengeren
Vorschriften
o Vollharmonisierung: Keine Möglichkeit der Abweichung à vollharmonisierte
Maßnahmen stellen idR keine Verletzung der Grundfreiheiten dar

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3. Warenverkehrsfreiheit
A. Schutzbereich
• Persönlicher Schutzbereich: alle natürlichen und juristischen Personen
• Grenzüberschreitender Sachverhalt
• Waren:
o bewegliche, körperliche Sachen, denen Geldwert zukommt, aber auch Strom,
Gas, Datenträger von geistigen Inhalten, Abfälle etc.
• Befindlichkeit der Ware im freien Verkehr in der Union
o Ware stammt ursprünglich aus Mitgliedstaat
o Ware befindet sich nach der Einfuhr im freien Verkehr
• Beeinträchtigung:
o Nur durch Mitgliedstaaten oder Union möglich (nicht durch Private!)
o Verboten sind: Zölle, Abgaben mit zollgleicher Wirkung, Mengenmäßige Ein-
und Ausfuhrbeschränkungen + Maßnahmen gleicher Wirkung, staatliche
Handelsmonopole, steuerliche Begünstigung
• Zölle:
o Keine Ein- und Ausfuhrzölle oder zollgleiche Maßnahmen im Innenhandel
o Gemeinsamer Außenzoll gegenüber Drittländern
• Maßnahmen gleicher Wirkung:
o MglW sind maßgeblich durch EuGH Rsp geprägt
o EuGH Rs Dassonville: Jede Mitgliedstaatliche Handelsregelung, die geeignet
ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar,
tatsächlich oder potentiell zu behindern
o EuGH Rs Cassis de Dijon: MglW müssen nicht diskriminierend sein
o EuGH Rs Keck: Schutzbereich wurde wieder eingeschränkt. Nicht
diskriminierende Verkaufsmodalitäten (z.B. Ladenschlusszeiten,
Verkaufsvorbehalte für Apotheken) sind keine MglW. Allerdings dennoch
MglW, wenn Ausstattung, Etikettierung oder Verpackung angepasst werden
muss
• Ausnahmen und Rechtfertigungsgründe
o Tarifäre Handelshemmnisse (Zölle) sind absolut unzulässig
o Offene Diskriminierung: Eine diskriminierende Maßnahme kann gerechtfertigt
werden, wenn
§ ein Rechtfertigungsrund des Art 36 AEUV (z.B. öffentliche Sittlichkeit,
Ordnung und Sicherheit, etc.) zutrifft
§ und die Maßnahme verhältnismäßig ist
o Nicht offene Diskriminierung: eine nicht diskriminierende MglW, die geeignet
ist den Handel innerhalb der Union mittel- oder unmittelbar, tatsächlich oder
potentiell zu behindern, kann gerechtfertigt werden, wenn
§ zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen
§ und die Maßnahme verhältnismäßig ist

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4. Arbeitnehmerfreizügigkeit
• Persönlicher Schutzbereich
o Staatsangehörige und juristische Personen der Mitgliedstaaten
• Sachlicher Schutzbereich
o Grenzüberschreitender Sachverhalt: Tätigkeit in einem anderen MS, auch z.B.
Pendler
o Arbeitnehmer
§ Erbringung wirtschaftlicher Leistung (auch z.B. Profisport)
§ Unselbstständige Tätigkeit: Abgrenzung zur Niederlassungs- und
Dienstleistungsfreiheit
§ Vergütung als Gegenleistung
o Ausnahme: Tätigkeit in öffentlicher Verwaltung
• Geschützte Verhaltensweise
o Zugang zur Beschäftigung (Bewerbung, Aufenthalt zur Jobsuche)
o Ausübung der Beschäftigung (inkl. Aufenthalt)
o Aufenthalt nach Beendigung der Beschäftigung
o Geschützte Verhaltensweisen der Familienangehörigen
• Auch gewisse Rechte für Angehörige von AN
• Die Arbeitnehmerfreizügigkeit wird durch die Freizügigkeits- und Aufenthaltsrichtlinie
ergänzt. Diese regelt u.A.
o Zugang zur Beschäftigung (Sprachkenntnisse, Beschäftigungszeitraum, etc.)
o Gleichbehandlung hinsichtlich Arbeitsbedingungen
o Teilnahme an Interessensvertretungen (Gewerkschaften)
• Ziel: Arbeitnehmer sollen Arbeitsplatz in gesamter Union wählen können
• VERBOTEN:
o Unmittelbare Diskriminierung
o Mittelbare Diskriminierung
o Beschränkungsverbot
• Rechtfertigung:
o Unmittelbare Diskriminierung: kann nur aufgrund von Gründen der
öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt werden
o Mittelbare Diskriminierungen und Beschränkungen: können gerechtfertigt
werden, wenn mit der Regelung ein zwingender Grund des
Allgemeininteresses verfolgt wird und der Eingriff verhältnismäßig ist

5. Niederlassungsfreiheit
• Persönlicher Schutzbereich
o Staatsangehörige und juristische Personen der Mitgliedstaaten
• Sachlicher Schutzbereich
o Grenzüberschreitender Sachverhalt
o Selbstständige Erwerbstätigkeit
o Niederlassung
o Geschützt wird die Aufnahme und Ausübung der Erwerbstätigkeit, Gründung
und Leitung des Unternehmens, Aufenthalt nach Beendigung
o Ausnahme: Ausübung öffentlicher Gewalt

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• Verbot von Diskriminierung und Beschränkung freier Standortwahl
o Pflicht zur Anerkennung von Zweigniederlassung von nach den
Rechtsvorschriften eines anderen MS gegründeten Gesellschaften
o Rechtsformwahrender Zuzug von in der Union gegründeten Gesellschaft von
Niederlassungsfreiheit erfasst
o Rechtsformwechselnder Zuzug erfasst
o Niederlassungsfreiheit beinhaltet Wegzugsrecht, steuerliche Beschränkungen
möglich
• Rechtfertigung
o Unmittelbare Diskriminierung: kann nur aufgrund von Gründen der
öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt werden, die
verhältnismäßig sind
o Mittelbare Diskriminierung und Beschränkungen: können gerechtfertigt
werden, wenn mit der Regelung ein zwingender Grund des
Allgemeininteresses verfolgt wird und der Eingriff verhältnismäßig ist

6. Dienstleistungsfreiheit
• Persönlicher Schutzbereich
o Natürliche Personen: in der Union ansässige Staatsangehörige als
Dienstleistungserbringer oder -empfänger
o Juristische Personen aus den Mitgliedstaaten
• Sachlicher Schutzbereich
o Dienstleistung: autonomer Begriff; gewerbliche, kaufmännische,
handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit
§ typischerweise entgeltlich
§ selbstständige Erbringung (Abgrenzung Arbeitnehmerfreizügigkeit)
§ vorübergehende Tätigkeit (Abgrenzung Niederlassungsfreiheit)
§ Kein Schutz durch andere Grundfreiheit
o Grenzüberschreitender Sachverhalt
§ Aktive Dienstleistungsfreiheit (Erbringung in anderem MS)
§ Passive Dienstleistungsfreiheit (Entgegennahme in/aus anderem
Mitgliedstaat)
§ Korrespondenzdienstleistung (nur Dienstleistung übertritt Grenze)
§ Dienstleistung bei gemeinsamer Grenzüberschreitung
o Geschützte Verhaltensweise
§ Anbahnung und Abschluss des Vertrages
§ Erbringung und Entgegennahme der Dienstleistung
§ Einsatz von „mitgebrachtem Personal“ zur Erbringung der
Dienstleistung
• Rechtfertigungsfähiges Verbot von Diskriminierungen und Beschränkungen

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7. Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit
• Schutzbereich
o Transfer von Zahlungsmitteln (Grenzüberschreitendes Element)
o Zahlungsverkehr
§ Übertragung von gültigen Zahlungsmitteln (Überweisung, Übergabe
von Bargeld, Schecks, Wechsel, etc.
§ Zur Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung (idR als Gegenleistung)
o Geschützte Verhaltensweise
§ Alle für die Übertragung erforderlichen rechtsgeschäftlichen
Maßnahmen (z.B. Ausstellung eines Schecks, Vornahme der
Überweisung)
§ Alle für die Übertragung erforderlichen tatsächlichen Maßnahmen
(z.B. Mitführen und Übergabe/Übersendung von Münzen,
Geldscheinen, etc.)
• Beschränkung erlaubt, wenn gerechtfertigt und verhältnismäßig
• Privatisierungsvorgänge stehen als praktisch wichtiger Anwendungsfall unter dem
Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit: Sondereinflussrechte des Staates in Gestalt von
Sonderaktien (sog. „Gold Shares“) stellen idR rechtfertigungsbedürftige
Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit dar

8. Unionsbürgerschaft und Freizügigkeit


• Seit Vertrag von Maastricht: Unionsbürgerschaft gem. Art 20 AEUV
• Zusätzlich zur Staatsbürgerschaft
• Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht in allen Mitgliedstaaten
• Weitreichender Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit
• Grenzüberschreitendes Element ist mittlerweile strenger zu prüfen!

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LEKTION 5: GEWERBEANTRITT

1. Gewerbeordnung 1994
• Art 6 Abs. 1 Staatsgrundgesetz (StGG 1867)
• Erwerbsbetätigungen damit nicht völlig frei, sondern durch Reihe gesetzlicher
Vorschriften reglementiert
• Zentrale Stellung: Gewerbeordnung (GewO)
• GewO vs. Erwerbsfreiheiten
• Regelung von Erwerbsbetätigungen (Zugang, Ausübung) durch Gesetzgeber ist
legitim um bestimmtes Qualifikationsniveau und Gefahrenabwehr sicherzustellen

2. Für welche Tätigkeiten gilt die GewO?


• Jede Tätigkeit, die...
o gewerbsmäßig ausgeübt wird à selbstständig, regelmäßig und mit
Ertragsabsicht
o erlaubt ist & nicht gesetzlich verboten ist
o keine Ausnahme nach §2-4 GewO ist à Länderkompetenzen,
Sonderregelungen
• Anbieten von Waren/Dienstleistungen gegen Entgelt bedeutet nicht automatisch,
dass Ertragserzielungsabsicht vorliegt à Anbieten zu Selbstkostenpreis (karitativ)
• Anbieten von Waren/Dienstleistungen gegen variables Entgelt ist nicht unbedingt
eine Ertragserzielungsabsicht à „Pay as you wish“ Systeme
• Vereine nach dem Vereinsgesetz: § 1 Abs. 6 GewO
o Handeln dann mit Gewinnabsicht, wenn die Vereinstätigkeit das
Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes aufweist und auf Erlangung
vermögensrechtlicher Vorteile für die Mitglieder gerichtet ist
o Übt Verein an sich GewO unterliegende Tätigkeit öfter als einmal pro Woche
aus, wird Ertragsabsicht vermutet (z.B. Ausschank in Kantine)
• Ausnahmen gem. § 2-4 GewO
o allgemeine Bestimmungen reichen für die genaue Reglementierung dieser
Gewerbe nicht aus à Banken, Versicherungen, Rechtsanwälte, Notare, Ärzte
o Bundesgesetzgeber darf keine Sachverhalte regeln, deren Regelung den
Ländern vorbehalten ist (Landwirtschaft, Berg- und Schiführer, Kinos, etc.)

3. Welche Gewerbearten gibt es?


• Unterscheidung der Gewerbearten, je nach:
o Befähigungsnachweis, Zuverlässigkeitsprüfung, Betriebsbeschaffenheit
• Alle Gewerbearten setzen Erfüllung allgemeiner Voraussetzungen voraus
• Manche Gewerbearten benötigen zusätzliche besondere Voraussetzungen

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A. Reglementierte und freie Gewerbe
• Je nachdem, ob zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes ein Befähigungsnachweis
erforderlich ist, unterscheidet GewO:
o Freie Gewerbe
o Reglementierte Gewerbe
§ normale reglementierte Gewerbe, Handwerke, verbundene Gewerbe
• Reglementierte Gewerbe werden in § 94 GewO aufgezählt
o z.B. Tischler, Gastgewerbe, Fremdenführer, Reisebüros, etc.
• Allgemeine Voraussetzung + Befähigungsnachweis (§ 18 GewO)
o Nachweis der Befähigung für das jeweilige Gewerbe à Abschlusszeugnis
o Sicherstellung hohen Leistungsstandards
o Subjektive Zugangsbeschränkung
o Rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Berücksichtigung
von Veränderungen à Berufsfotograf
• In Liste der reglementierten Gewerbe (§ 94 GewO) werden einige als Handwerke
bezeichnet
o Augenoptiker, Bäcker, Dachdecker, Friseur, Perückenmacher (Stylist)
o Befähigungsnachweis: Ablegung der „Meisterprüfung“
• Einzelne Handwerke werden in § 94 GewO als verbundene Handwerke bezeichnet
o Tätigkeitsfelder, die sich aus zwei oder mehreren Gewerben mit engem
Zusammenhang zusammensetzen
o § 30 GewO
o Tischler à Bootshauer, Gärtner à Floristen, Maler à Lackierer, Vergolder
• Teilgewerbe
o umfassen Tätigkeiten eines reglementierten Gewerbes, deren Ausführung
auch von Personen erwartet werden kann, die Befähigung auf vereinfachte
Art nachweisen können
o Entfielen mit 1.5.2018
o Rechtsinstitut (§ 31 Abs. 2 GewO) bleibt aufrecht, wird aber nicht genutzt
• Freie Gewerbe:
o alle anderen Gewerbe à z.B.: Handelsgewerbe, Werbeagenturen, etc.
o Keine Pflicht zur Vorlage eines Befähigungsnachweises (§ 5 Abs. 2 GewO)
o Abschließende Auflistung nicht möglich, bundeseinheitliche Liste wird vom
zuständigen BM herausgegeben
o GewO enthält für einzelne freie Gewerbe spezielle Ausübungsvorschriften

B. Anmeldungspflichtige und sensible Gewerbe


• Anmeldegewerbe
o freie Gewerbe und die meisten reglementierten Gewerbe
o Gewerbsausübung ab Anmeldung à Eintrag in elektronisches
Gewerberegister, Verständigung (§ 340 Abs. 1 GewO)
o Unterlassene Anmeldung à verwaltungsrechtliche Strafbarkeit
o Liegen Voraussetzungen nicht vor à Untersagung durch Bescheid
o Gewerbelizenz à weitere freie Gewerbe nur Anzeigepflicht (ab 05/18)

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• Sensible Gewerbe (§ 95 GewO!)
o Zuverlässigkeitsprüfung!!!
o Gewerbeausübung ab Rechtskraft des Bescheides bzgl. aller Voraussetzungen
o Weitere Voraussetzungen bei Waffengewerbe, Rauchfangkehrer
(sicherheitspolizeiliche Zuverlässigkeit, Bedarf)
Verfahren zum Gewerbeantritt
Anmeldegewerbe Anmeldung bei Behördliche Prüfung Eintrag
Behörde Gewerberegister
Anzeige Beginn Ausübung
sensible Gewerbe Anmeldung bei Feststellungbescheid Beginn Ausübung &
Behörde nach Eintrag
Zuverlässigkeits- Gewerberegister
prüfung

C. Unterscheidung Gewerbe-/Industriebetrieb
• Betriebsausübungsart
• Betriebsbeschaffenheit als Kriterium:
o Hoher Kapital- und Maschineneinsatz, serienmäßige Produktion, größere
Belegschaft, organisatorische Trennung von technischer & kaufmännischer
Führung
• Folge: Kein Befähigungsnachweis erforderlich (außer bei Gewerben iSd § 7 Abs. 5
GewO: Baumeister, Waffengewerbe, Herstellung von Arzneimitteln)
• Ausnahmen: Handelsgewerbe & Tourismusgewerbe können NICHT industriemäßig
ausgeübt werden

4. Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gewerbe ausgeübt


werden?
A. Allgemeine Voraussetzungen
• Gewerberechtliche Handlungsfähigkeit
o Gem. § 8 GewO müssen natürliche Personen eigenberechtigt sein, d.h.:
§ volljährig (Vollendung des 18. Lebensjahres)
§ nicht unter Sachwalterschaft
§ Juristische Personen müssen Geschäftsführer bestellen
• Unbescholtenheit
o Ausgeschlossen nach § 13 GewO sind:
§ Personen, die wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozial-
versicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-
Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, organisierte Schwarzarbeit oder
betrügerischen Kridadelikten verurteilt wurden, sofern die
Verurteilung noch nicht getilgt ist
§ Personen, die wegen einer sonstigen Straftat zu einer drei Monate
übersteigenden Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von mehr als 180
Tagessätzen von einem Gericht verurteilt worden sind
§ Von der Ausübung des Gastgewerbes, Personen die wegen
bestimmter Suchtgiftdelikte verurteilt wurden
§ Personen, die wegen bestimmter Finanzvergehen verurteilt wurden

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§ Personen, denen die Gewerbeberechtigung entzogen wurde
§ Personen, deren Vermögen nicht ausreicht, um die Kosten des
Insolvenzverfahrens zu decken
• Österreichische bzw. gleichgestellte Staatsbürgerschaft oder legaler Aufenthalt im
Inland
o Erwerbsfreiheit grundsätzlich Staatsbürgerrecht
o Gem. § 14 GewO dürfen Gewerbe auch von Ausländern ausgeübt werden,
sofern dies in Staatsverträgen festgelegt ist
§ Staatsangehörige eines MS der EU bzw. EWR + Familienangehörige,
unabhängig von Staatsbürgerschaft, sofern Aufenthaltsrecht besteht
o Bei Ausländern setzt Recht zur Ausübung eines Gewerbes deren legalen
Aufenthalt in Österreich + Aufenthaltszweck voraus
o Juristische Personen müssen Sitz oder Niederlassung im Inland haben (§ 14
Abs. 4 GewO) à beachte Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit

B. Besondere Voraussetzungen
• Befähigungsnachweis
o Notwendig zum Antritt reglementierter Gewerbe
o Nachweis fachlicher und kaufmännischer Kenntnisse, Fähigkeiten und
Erfahrungen zur selbstständigen Ausführung der Tätigkeit
o Für einzelne reglementierte Gewerbe legt zuständiger BM mittels Verordnung
Zugangswese fest, bei deren Nachweis fachliche Qualifikation als erbracht
anzusehen ist à z.B. Gastgewerbe VO
§ Meisterprüfungen bilden Zugang zum Handwerk, § 20 GewO
§ individuelle Befähigungsnachweise, § 19 GewO
o EU-/EWR-Bürger: Diplomanerkennungs-RL
§ BM legt durch VO Art und Dauer der Tätigkeiten fest, deren Nachweis
Voraussetzung für die Anerkennung ist, § 373c GewO
§ Äquivalenzprüfung durch Landeshauptmann, § 373d GewO
• Zuverlässigkeitsprüfung
o Überprüfung durch Behörde bei Anmeldung sensibler Gewerbe
o Zuverlässigkeit der Bewerber zur Gewerbeausübung
o Fehlt z.B. bei schwerwiegendem Verstoß gegen die im Zusammenhang mit
dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und
Schutzinteressen
• Weitere Bedingungen
o Rauchfangkehrer à Bedarfsprüfung (§§ 120, 121 GewO)
o Augenoptiker haben sich qualifizierten Fachkräften zu bedienen (§ 98 GewO)
o Gastgewerbetreibende dürfen keine alkoholischen Getränke an Betrunkene
ausschenken (§ 112 Abs. 5 GewO)

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5. Wozu und wen ermächtigen Gewerbeberechtigungen?
A. Umfang der Gewerbeberechtigung
• Anmeldegewerbe à Aus dem Wortlaut der Gewerbeanmeldung
• Sensible Gewerbe à Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass die Voraussetzungen
für Gewerbeausübung erfüllt werden (§ 29 GewO)
• Gewerbeberechtigung ist das Recht, ein Gewerbe auszuüben
• Gewerbelizenz = Recht, gewerbsmäßig Tätigkeiten auszuüben
o umfasst sämtliche Gewerbe einschließlich der Nebenrechte
o wird durch Anmeldung weiterer Gewerbe erweitert
o freies Gewerbe nur anzuzeigen (§ 345 GewO)
o umfasst demnach mehrere Gewerbeberechtigungen
• Nebenrechte
o einzelne, einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, deren
fachgemäße Ausübung keinen sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis
erfordert (§ 31 Abs. 1 GewO)
o Umfang der Ergänzungsarbeit in § 32 Abs. 1a GewO geregelt: 30%
Jahresumsatz, 15% Auftragssummen
o dabei müssen wirtschaftlicher Schwerpunkt und Eigenart des Gewerbes
erhalten bleiben (§ 32 Abs. 2 GewO)
o Weitere Nebenrechte in §§ 32 bis 34 GewO
• Verbundene Gewerbe, § 30 GewO
• Allgemeines Handelsrecht, § 32 Abs. 1 Z. 10 GewO
• Postdienstleistungen, § 34 GewO
• Gewerbeausübung auch in weiteren Betriebsstätten
und Betriebsverlegung (§ 46 GewO)
o Grundsätzlich Anzeige-/Mitteilungspflicht an Behörde (Mitteilungscharakter)
o Für Gewerbeausübung in weiterer Betriebsstätte kann Filialgeschäftsführer
bestellt werden, § 47 GewO

B. „Berechtigter“
• Gewerbeinhaber: verfügt über Gewerbeberechtigung (nicht übertragbar)
• Gewerbetreibender: tatsächliche Ausübung (Gewerbeinhaber/Fortbetriebs-
berechtigter), § 38 Abs. 4 GewO
• Fortbetriebsberechtigter: hat das Recht, einen Gewerbebetrieb aufgrund der
Gewerbeberechtigung eines anderen fortzuführen
o Tod: Ehepartner/eingetragener Partner und Kinder
o Insolvenz: Insolvenzmasse (Masseverwalter = Geschäftsführer, § 41 GewO)

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C. Gewerberechtlicher Geschäftsführer
• Hilfsorgan des Gewerbsinhaber à verantwortlich für Einhaltung gewerberechtlicher
Vorschriften (§ 39 Abs. 1 GewO), primär haftbar
• Wenn natürliche Person Befähigungsnachweis nicht erbringen kann, hat sie
gewerberechtlichen GF zu bestellen à „Volle Supplierung“
• zum Teil BestellungsPFLICHT (z.B. Gesellschaften), § 9 Abs. 1 GewO
• Eigenberechtigt, Befähigungsnachweis ≠ Scheingeschäftsführer (§ 39 Abs. 2 GewO)
• Wohnsitz: Inland bzw. EWR/Schweiz
• Gewerbeinhaber hat Bestellung/Ausscheiden der Gewerbebehörde anzuzeigen
o Bei sensiblen Gewerben = Genehmigung der Bestellung des
gewerberechtlichen Geschäftsführers

6. Erlöschen von Gewerbeberechtigungen


• Tod, Gesellschaftsauflösung
• Zurücklegung der Gewerbeberechtigung
• Entziehung der Gewerbeberechtigung
o strafgerichtliche oder finanzstrafbehördliche Verurteilung &
Wiederholungsgefahr
o sonstige schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem
betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften
o Rechtskräftige Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels
Kostendeckung
• Gewerbelizenz wird durch Beendigung von Gewerben gem. § 85 GewO eingeschränkt
o Endet wenn letztes Gewerbe, das sie umfasst, endet (§ 38 Abs. 4 GewO)

7. Die Zuständigkeit im Gewerberecht


• Verwaltung: Bezirksverwaltungsbehörde (BVB), § 333 GewO
o Bezirkshauptmannschaft (BH)
o In Städten mit eigenem Statut: Bürgermeister (Wien: Magistrat, Art 109 B-VG)
• Rechtsschutz durch Beschwerde an Landesverwaltungsgericht (LVwG)

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LEKTION 6: BETRIEBSANLAGENRECHT UND BAURECHT

1. Betriebsanlagenrecht
A. Allgemeines
• Ziel: Ausgleich zwischen ökonomischen Interessen des Betreibers und Schutz der
Umwelt und Gesundheits- und Privatsphäre der Nachbarn
• Zentrale Frage: Unter welchen Voraussetzungen darf eine „Anlag“ – losgelöst vom
jeweiligen Inhaber – über längere Zeit an einem bestimmten Standort betrieben
werden
• Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung
• Genehmigung und Überwachung fällt in die Kompetenz der Bezirksverwaltungs-
behörde (BH, Magistrat)
• Rechtsmittel gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde sind an das zuständige
Landesverwaltungsgericht zu richten

B. Die Betriebsanlage
• § 74 Abs. 1 GewO: Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich
gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit
nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist
• Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
1. Ortsgebundenheit: grundsätzlich auch bei beweglichen Einrichtungen möglich
2. Nicht bloß vorübergehende Tätigkeit (über 4 Wochen)
3. Gewerbliche Tätigkeit: selbstständig, regelmäßig, Ertragsabsicht

2. Genehmigungspflicht
A. Normalanlage (§ 74 Abs. 2 GewO)
• liegt vor, wenn eine gewerbliche Betriebsanlage abstrakt geeignet ist bestimmte
Schutzgüter zu beeinträchtigen
• Als Schutzgüter zählen bspw.:
o Das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Arbeitnehmer,
der Nachbarn oder der Kunden
o Das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn
o Die Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub etc.
o Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs

B. IPCC-Betriebsanlagen (§ 77a GewO)


• IPCC = Integrated Pollution Prevention and Control (EU-RL)
• bestimmte, besonders umweltgefährdende Betriebe
• Aufzählung in Anlage 3 der GewO
• Zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen notwendig
o vereinfachtes Verfahren ausgeschlossen
• Bsp.: Gasturbinen, Metallgießereien, bestimmte Anlagen zur Herstellung von
Chemikalien

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C. Seveso III-Betriebsanlagen (§ 84a ff GewO)
• basiert auf EU-RL
• Betriebe, in denen besonders gefährliche Stoffe verarbeitet werden
• Aufzählung in Anlage 6 der GewO
• Zusätzliche Anforderungen müssen erfüllt werden
o Sicherheitskonzepte- und berichte, Notfallpläne, weitere Anforderungen zur
Unfallverhinderung
• Bsp.: Verarbeitung von Wasserstoff, hochentzündlichen Gasen, Schwefelwasserstoff,
etc.

D. Bagatellanlagen (§ 359b GewO)


• Grundsätzlich geeignet Schutzgüter zu beeinträchtigen, allerdings nur in einem
geringen Grad
• Bagatellanlagen sind in der BagatellanlagenVO aufgezählt
o Bsp.: § 1 Z 1 BagatellVO: Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes
gem. § 142 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1994, mit weniger als 200 Plätzen und in
denen weder musiziert noch Musik wiedergegeben wird
• Vereinfachtes Verfahren wird angewendet
o Nachbarn kommt keine Parteistellung im Genehmigungsverfahren zu
o Lediglich Parteistellung in der Frage, ob eine Bagatellanlage vorliegt

E. Nicht genehmigungspflichtige Betriebsanlagen


• Es kann im Vorhinein ausgeschlossen werden, dass im Gesetz angeführte
Belästigungen/Beeinträchtigungen herbeigeführt werden
• Teilweise Ausnahme von Anlagen/eingesetzten Maschinen durch Verordnung
(GenehmigungsfreistellungsVO)
• Bsp.: Kosmetik-, Fußpflege-, oder Frisörbetriebe, reine Bürobetriebe
• Beachte: Dennoch kann eine baurechtliche Genehmigung notwendig sein!

3. Genehmigungsverfahren
A. Allgemeines
• Eine Anlage ist nur dann genehmigungsfähig, wenn nach dem Stand der Technik,
dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaft zu
erwarten ist, dass, überhaupt oder bei Einhaltung möglicher Auflagen, die
Genehmigungskriterien erfüllt werden
• Die Behörde muss jegliche Aspekte im Einzelfall prüfen
• Genehmigungskriterien sind im vereinfachten Verfahren dieselben wie bei
Normalanlagen

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B. Genehmigungskriterien
• Nachbarn und Parteistellung
o Parteistellung hat, wer die Nachbareigenschaft erfüllt
o Nachbarn sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den
Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt sind oder deren
Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten
§ = jeder der sich längere Zeit im möglichen Immissionsbereich aufhält
o Einwendungen müssen zeitgerecht erhoben werden, ansonsten Präklusion
• Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum (§ 77 iVm § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO)
o Einwirkung auf menschlichen Organismus des Gewerbetreibenden, der
Familienangehörigen oder Kunden
o es ist auf die konkret betroffene Person abzustellen (z.B. besonders sensible
Person oder Person mit Vorerkrankungen)
o Substanz des Eigentums muss betroffen sein oder das Nutzen des Eigentums
unmöglich
o Bloßer Wertverlust stellt keine Eigentumsgefährdung dar
o Voraussehbare Gefährdung sind jedenfalls zu vermeiden
• Belästigung der Nachbarn (§ 77 iVm § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO)
o Gegenstück zur Gefährdung des Lebens
o Lediglich Störungen des Wohlbefindens der Nachbarn, die in ihrer Art und
Nachhaltigkeit eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit nicht
erreichen
o Es ist auf den Durchschnittsmenschen sowie die derzeitigen Verhältnissee
abzustellen
o nur physische Beeinträchtigungen!
o Belästigungen müssen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden
• Beeinträchtigung öffentlicher Interessen (§ 77 iVm § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO)
o betrifft Religionsausübung in Kirchen, Unterricht in Schulen, Betrieb von
Kranken- und Kuranstalten und sonstige Anlagen und Einrichtungen, die dem
öffentlichen Interesse dienen
o betrifft Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf
Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen
o Beeinträchtigungen müssen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden
• Nachteilige Einwirkung auf Gewässer (§ 77 iVm § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO)
o Nachteilige Einwirkungen auf Gewässer müssen auf ein zumutbares Maß
beschränkt werden
o Möglicherweise auch wasserrechtliche Genehmigung notwendig
• Luftschadstoffe (§ 77 Abs. 3 GewO)
o Sind auf den Stand der Technik zu begrenzen
o „Minimierungsgebot“
o „Irrelevanzklausel“ für vorbelastete Gebiete
o „Kompensationsklausel“
• Abfall (§ 77 Abs. 4 GewO)
o Sind zu vermeiden, zu verwerten oder, wenn dies wirtschaftlich nicht
vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen
o Abfallwirtschaftskonzept

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• Verfahrenskonzentration
o Andere bundesrechtliche Genehmigungsvorschriften sind
mitzukonzentrieren, z.B. Forstgesetz, Strahlenschutzgesetz, Luftreinhalte-
gesetz, eingeschränkt Wasserrecht
o Landesregelungen (z.B. Bauordnung) sind nicht umfasst

4. Auflagen
• Mit Genehmigungsbescheid sind von der Behörde allfällige Auflagen anzuführen
• Auflagen enthalten belastende Gebote und Verbote
• Ziel der Auflage ist den Schutzzweck der GewO zu sichern
• Auflagen müssen bestimmt, geeignet, erforderlich und behördlich erzwingbar sein
• Auflagen dürfen das Wesen der Betriebsanlage nicht verändern und haben
akzessorischen Charakter

5. Betrieb der Anlage während anhängiger Beschwerdeverfahren


• Antrag à Einwände à Genehmigung (evtl. inkl. Auflagen) à Rechtsmittel
• Um zu verhindern, dass Nachbarn Projekte durch Zeitverzögern zu Fall bringen
können, besteht die Möglichkeit vor Eintritt der Rechtskraft des
Genehmigungsbescheides die Anlage zu errichten und zu betreiben
• Recht kann auch durch die Behörde ausgeschlossen werden
• Achtung! Betreiber trägt das Risiko, dass der Genehmigungsbescheid aufgehoben
oder abgeändert wird

6. Nachträgliche Änderungen von Betriebsanlagen


• Änderung der Betriebsanlage auf Initiative des Gewerbetreibenden (§ 81 GewO)
o Genehmigungsvoraussetzungen sind ident mit denen für die Errichtung
o Wiederum Prüfung, ob etwaige Schutzgüter betroffen sein könnten
o falls ja à Genehmigungspflicht
• Änderung der Betriebsanlage aufgrund behördlicher Anordnung (§§ 79, 79b GewO)
o Behörde hat die Möglichkeit auf nachträgliche auftretende Gefahren zu
reagieren und zusätzliche Auflagen vorzuschreiben
o Frist zur Anpassung kann vorgesehen werden (maximal 5 Jahre)
• Sanierungskonzept
o Wenn Auflagen das Wesen verändern würden, muss Anlageninhaber ein
Sanierungskonzept vorlegen
o Dieses muss verhältnismäßig sein

7. Überwachung von Betriebsanlagen


• Durch den Anlagenbetreiber selbst:
o Anlagenbetreiber muss regelmäßig prüfen, ob die Anlage den
Bewilligungsvoraussetzungen entspricht
o Prüfbescheinigung über Prüfung ist bei Mängeln der Behörde vorzulegen

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• Durch die Behörde:
o Jederzeitiges Betretungs-/Überprüfungsrecht
o kein subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn auf Überprüfung
o einstweilige Maßnahmen möglich

8. Zuständigkeit im Betriebsanlagenrecht
• Genehmigung und Überwachung à Bezirksverwaltungsbehörden (BVB)
o Bezirkshauptmannschaft, Magistrat
• Beschwerde an Landesverwaltungsgericht

9. Baurecht
• Baurecht im privatrechtlichen Sinn
o Bereiche des bürgerlichen Rechts (Eigentums- oder Vertragsverhältnisse)
• Öffentliches Baurecht
o Allgemeines Baurecht (z.B. Verfahren der Bauführung)
o Baupolizei (Überwachung des Baus, Bewilligungsverfahren)
o Bautechnische Vorschriften (Material- und Ausführungssicherheit)
• Landeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung à 9 verschiedene
Bauordnungen
• Baurecht wägt zwischen dem Recht des Grundeigentümers, auf seinem Grund
beliebig zu bauen und diversen öffentlichen Interessen ab
• Schützenswerte öffentliche Interessen sind Emissionsschutz, Lärmschutz etc.,
Umweltschutz (Vermeidung von gefäßreichen Baustoffen etc.), Sicherheit von
Personen
Bauwerke nach der Wiener BauO
Bewilligungspflichtige Anzeigepflichtige Freie Bauvorhaben
Bauvorhaben Bauvorhaben
Neubauten, Zubauten, Geringfügige Änderungen Benötigen weder
Umbauten uÄ Bewilligung noch Anzeige
z.B. Badezimmereinbau, z.B. Verkaufsstände,
Fenstertausch Telefonhütten
• Mehrparteiverfahren unter Einbeziehung der Nachbarn

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LEKTION 7: VERWALTUNGSVERFAHREN UND NATIONALER
RECHTSSCHUTZ
1. Verfahrensrecht und materielles Recht
• Verwaltungsverfahrensrecht regelt jenes Verfahren, das Behörden bei der
Vollziehung von Verwaltungsrecht (Baurecht, Gewerberecht, Straßenverkehrsrecht,
Sicherheitspolizeirecht, etc.) anzuwenden haben, um zu einer Entscheidung zu
gelangen
• Bundesgesetzgeber ist zuständig Verfahren vor den Verwaltungsbehörden (Art 11
Abs. 2 B-VG) und Verfahren vor den VwG (Art 136 Abs. 2 B-VG) zu regeln
• Soweit die einzelnen Materiengesetze keine Sondervorschriften enthalten, richtet
sich ein Verwaltungsverfahren nach den Vorschriften des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) bzw. des Verwaltungsstrafgesetz (VStG)
• Das Vollstreckungsverfahren ist im Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) geregelt
• Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) bestimmt, wann
diese Gesetze anzuwenden sind

2. Das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde


A. Zuständigkeit
• Behörde kann vom Amts wegen oder aufgrund eines Antrags aktiv werden
o à Prüfung der Zuständigkeit
• Zuständigkeit ergibt sich aus
o verfassungsrechtlichen Vorgaben à Art 10-15, 18, 83 Abs. 2, 118 B-VG
o Materiengesetze: Zuständigkeit im Betriebsanlagenverfahren ergibt sich aus
§ 333 Abs. 2 GewO à BVB
o § 2 AVG (subsidiär): BVB
o § 3 AVG: örtliche Zuständigkeit (örtlicher Wirkungsbereich der Behörde)
o Entscheidung einer unzuständigen Behörde ist rechtswidrig und bekämpfbar
o Behörde hat Zuständigkeit amtswegig zu prüfen

B. Die Parteistellung
1. Allgemeines: Beteiligte & Parteien
• Beteiligter: Person, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt oder auf die
sich die Tätigkeit der Behörde bezieht (§ 8 AVG)
• Partei
o „Parteiöffentlichkeit“
o Person, die am Verfahren vermöge eines Rechtsanspruches oder eines
rechtlichen Interesses aktiv teilnimmt, also durch den Gegenstand des
Verfahrens in ihren subjektiven Rechten unmittelbar berührt ist (§ 8 AVG)
o Schutznormtheorie: Schutzzweck der Norm
o Antragsteller sind immer Partei
• Parteienrechte: Insb. Parteiengehör, Akteneinsicht, Ablehnung von nichtamtlichen
Sachverständigen und Dolmetschern, Zustellung des Bescheides, Erhebung von
Rechtsmitteln

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2. Parteistellung bei rechtlichem Interesse
• „Rechtsanspruch“, „rechtliches Interesse“ à Materiengesetz zu entnehmen
• nicht immer klar
• Partei ist Person, die durch Gegenstand des Verfahrens in subjektiven Rechten
unmittelbar berührt wird
• Subjektives Recht = gesetzliche Vorschriften schützen Interesse einer Person mit der
Zielsetzung, dass die Person ihr geschütztes Interesse in einem Verfahren
durchsetzen können soll
• Auslegungsfrage – „Schutzzweck der Norm“ (Schutznormtheorie)
o will Gesetzgeber konkrete Interesse einer Person gesetzlich besonders
schützen?

3. Parteirechte
• Nur Parteien kommen grundlegende Verfahrensrechte („Parteirechte“) zu
• Recht auf Stellungnahme (Parteigehör), Akteneinsicht, Zustellung des Bescheides, zur
Erhebung von Rechtsmitteln, nichtamtliche Sachverständige/Dolmetscher wegen
Befangenheit abzulehnen
• Verfahrensrechte stellen selbst subjektive Rechte dar à Verletzung bekämpfbar
• Personen, die verfahrenseinleitenden Antrag stellen à immer Partei (kein Verlust!)
• Bloßen Beteiligten kommen Verfahrensrechte nicht zu, dürfen aber an Verhandlung
teilnehmen
• Insb. Recht auf Akteneinsicht ermöglicht es Partei Parteiengehör vollumfänglich
wahrzunehmen
o Einsicht in Verfahrensunterlagen (Schriftstücke, Protokolle, Pläne, Videos,
etc.)
o Erstellung von Abschriften und Kopien
o Elektronischer Zugriff auf Aktenbestandteile (E-Government)
o Grenze: Interessen Dritter, Gefährdung der Aufgaben der Behörde
o Verweigerung der Einsichtnahme kann nicht direkt bekämpft werden à Im
Zuge des Rechtsmittels gegen abschließenden Bescheid

4. Parteistellung im Betriebsanlagenverfahren
• Antragsteller (Unternehmer) à Betreiber einer Anlage
• Nachbarn
o Jene Personen, die durch Errichtung, Bestand oder Betrieb der Betriebsanlage
gefährdet oder belästigt werden könnten oder deren Eigentum gefährdet
werden könnte (§ 75 Abs. 2 GewO)
o subjektives Recht auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit von unzumutbaren
Belästigungen und Schutz ihres Eigentums, § 74 Abs. 2 GewO iVm § 8 AVG
• Betreiber von Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten, Schulen, Heimen etc.,
jeweils im Ausmaß, in dem es um den Schutz der beherbergten Personen geht
o Bloß vorübergehend in benachbarten Gebäuden aufhältige Personen
(Schulkinder, Hotelgäste, etc.) à keine Parteistellung
• Beteiligtenstellung: Gemeinde

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C. Ablauf des Verfahrens
1. Einleitung des Verfahrens
• Auf Antrag (wenn im überwiegenden Interesse der Partei, z.B. Baubewilligung) oder
amtswegig (wenn im öffentlichen Interesse, z.B. Denkmalschutz)
• Antragseinbringung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (§ 353 GewO)
o Betriebsbeschreibung, Pläne und Skizzen, Abfallwirtschaftskonzept,
technische Unterlagen bezüglich erwarteter Emissionen
• Verkehr zwischen Behörde und Partei
o Partei hat grundsätzlich sämtliche Möglichkeiten der herkömmlichen und
modernen Kommunikation (schriftlich, Brief, Fax, E-Mail, etc.)
o Verbesserungsauftrag bei fehlerhaftem Anbringen à Zurückweisung, wenn
nicht verbessert wird (§ 13 Abs. 3 AVG)
o Manuduktionspflicht der Behörde, wenn Partei nicht rechtsanwaltlich
vertreten ist
o Befangenheit der Behörde
§ Verwaltungsorgan hat Befangenheit selbst wahrzunehmen, sich der
Ausübung des Amtes zu enthalten
§ kein Recht auf Ablehnung wegen Befangenheit nach AVG
§ à Rechtsmittel gegen abschließenden Bescheid

2. Das Ermittlungsverfahren
a. Grundsätze des Ermittlungsverfahrens
• Offizialmaxime und Grundsatz der materiellen Wahrheit
o Behörde muss maßgeblichen Sachverhalt von selbst feststellen
o Kein „Außerstreitstellen von Tatsachen durch die Parteien
• Grundsatz der arbiträren Ordnung
o Behörde bestimmt den Gang des Verfahrens à „Herrin des Verfahrens“
• Grundsatz der freien Beweiswürdigung (keine Beweisregeln)
o als Beweismittel kann alles verwendet werden, was zur Feststellung des
Sachverhaltes geeignet ist
o z.B.: Urkunden, Zeugenaussagen, Vernehmung, Sachverständigengutachten,
etc.
• Recht auf Parteiengehör
o Parteien dürfen alles vorbringen, was deren Rechtsstandpunkt stützt
o Meist schriftlich
o Zwingende Durchführung einer mündlichen Verhandlung in bestimmten
Verfahren
• Effizienzprinzip

b. Die mündliche Verhandlung


• nur Parteienöffentlichkeit (nicht Volksöffentlichkeit)
• Häufige Augenscheinsverhandlung
• Zwingende mündliche Verhandlung im Bau- und Betriebsanlagengenehmigungs-
verfahren

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c. Präklusion
• = Verlust der Parteistellung
• Mehrparteienverfahren
• Parteien präkludieren, wenn sie nicht rechtzeitig (während der Amtsstunden bis zum
Tag vor Beginn der Verhandlung, spätestens in der mündlichen Verhandlung)
rechtserhebliche (rechtlich relevant) Einwendungen erheben
• Partei muss über Verhandlung informiert worden sein
o Persönliche Verständigung oder entsprechende Kundmachung (z.B.
Amtstafel)
• Quasi-Wiedereinsetzung (§ 42 Abs. 3 AVG)
• Ausnahme Antragsteller: dieser kann nicht präkludieren
• Rato à Verfahrenskonzentration!

d. Das vereinfachte Verfahren bei Bagatellanlagen


• Gefahren oder Belästigungen bestehen sicher nicht oder sicherlich nur in geringem
Maß
• Nachbarn haben grundsätzlich keine Parteistellung
o Nur in Bezug auf die Frage, ob eine Bagatellanlage vorliegt
• Bagatellanlagenverfahren nur in Bezug auf bestimmte Anlagen möglich (§ 359b
GewO, BagatellanlagenVO)
• Bewilligungskriterien sind dieselben wie bei Normalanlage!

e. Verfahren in Bausachen
• Grds. AVG & Bauordnungen der Länder
• Regelmäßig: Augenscheinsverhandlung
• Subjektive Rechte à Einhaltung von Abstandsregeln und Regeln über Gebäudehöhe,
Schutz vor Emissionen

3. Die Erledigung des Verfahrens: der Bescheid


a. Was ist ein Bescheid?
• Bescheid = eine aufgrund eines Verfahrens
erlassene, konkret normative Erledigung einer
Verwaltungsbehörde, die sich in ihrem Inhalt nach
an individuell bestimmbare Rechtsunterworfene
richtet
• Zentrales Element des österreichischen
Verwaltungsrechts à Rechtsschutz auf diesen
ausgerichtet
• Ergehen meist schriftlich (Ausnahme: mündlich)
• Bescheid ≠ Verordnung (an Allgemeinheit
gerichtet), Akt unmittelbarer verwaltungs-
behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ –
verfahrensfreier Akt), z.B. Festnahme,
Beschlagnahme, Stilllegungsanordnung oder
privatrechtliche Verträge
(Privatwirtschaftsverwaltung)

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• Bescheid-Mindesterfordernisse = jene Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen,
damit überhaupt ein Bescheid entstehen kann
o Behördenqualität der Bescheid erlassenden Stelle, Bezeichnung der Bescheid
erlassenen Stelle, Bezeichnung des Adressaten, Spruch, Unterschrift und
Feststellbarkeit des Genehmigten
o Beachte: „Fehlerkalkül“ der Rechtsordnung!
• Ein Bescheid entsteht, kann aber bekämpft werden, wenn folgendes fehlt oder
fehlerhaft ist:
o à Begründung, Rechtsmittelbelehrung, Einhaltung von
Verwaltungsvorschriften
• Nebenbestimmungen in Bescheiden: Auflagen (insb. im Betriebsanlagenrecht),
Bedingungen, Befristungen

b. Welche Bescheide gibt es?


• Leistungsbescheide à z.B. Strafbescheid, Abbruchbescheid, Steuerbescheid
• Rechtsgestaltungsbescheide à z.B. Bau-, Betriebsanlagengenehmigung, Entzug der
Gewerbeberechtigung
• Feststellungsbescheid à z.B. Feststellung, ob Bagatell- oder Normalanlage

d. Wie wird ein Bescheid erlassen?


• Legalitätsprinzip (keine Vollziehung ohne Gesetz) à Bescheid kann nur Ergebnis
einer Gesetzes-/VO-Anwendung sein, mitunter Entscheidungsspielraum (Ermessen)
der Behörde
• Behörde hat von der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen
• Erlassen ist der Bescheid mit mündlicher Verkündung oder wirksamer Zustellung an
den Adressaten
• Ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides beginnt der Lauf der
Rechtsmittelfrist

e. Wann ist der Bescheid rechtskräftig und was bedeutet das?


• formelle Rechtskraft à Unanfechtbarkeit mit ordentlichen Rechtsmitteln
• materielle Rechtskraft (= Folge der formellen) à Unwiderrufbarkeit,
Unwiederholbarkeit, Verbindlichkeit
• Bescheid wird durch den Eintritt der Rechtskraft zur auf den Bescheid-Empfänger
zugeschnittenen individuellen Norm
• Rechtssicherheit vor Rechtsrichtigkeit!
• Durch Rechtskraft bewirkte Unabänderlichkeit relativ
o Ausnahmsweise Durchbrechung der Rechtskraft (Wiederaufnahme des
Verfahrens, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen)

f. Persönliche und Dingliche Wirkung des Bescheides


• persönliche Wirkung trifft den Bescheidadressaten (z.B. Gewerbeberechtigung,
Staatsbürgerschaft, akademischer Grad)
• Dingliche Wirkung trifft die Betriebsanlage oder das Bauwerk

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g. Mandatsbescheid
• ausnahmsweise
• Bescheid ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren
• Festlegung von Geldleistungen
• Gefahr im Verzug

4. Exkurs: Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ)


• Prinzipiell bedarf verwaltungsbehördlicher Eingriff in subjektive Rechte einer
bestimmten Form à Bescheid
• Voraussetzung für Bescheid: Durchführung eines Verfahrens
• „verfahrensfreie Verwaltungsakte“ = Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt
o individuell an bestimmten Adressaten gerichtete einseitige Erteilung eines
Befehls bzw. die Ausübung von Zwang durch ein Verwaltungsorgan im
Rahmen der Hoheitsverwaltung
• Spezieller Rechtsschutz à Maßnahmenbeschwerde, Art. 130 Abs. 2 Z. 2 B-VG
• Beispiele: Festnahme durch Polizei, Entnahme von Warenproben durch
Gewerbebehörde, Beschlagnahme, Schließung eines Betriebes durch
Gewerbebehörde, Abnahme des Führerscheins durch Polizei

5. Zustellung und Fristen


• Rechtliche Wirksamkeit des Bescheides nur durch Zustellung
o sofern nicht mündlich verkündet, muss Bescheid den am Verfahren
beteiligten Parteien zugestellt werden
o Durch Post (Rsa, Rsb) oder Organe der Behörde oder elektronische Zustellung
oder Hinterlegung im Akt
o Nähere Regelung im Zustellgesetz
o ohne, bzw. mit Zustellnachweis
• Rechtsmittelfrist beginnt mit Zustellung zu laufen (§ 7 Abs. 4 VwGVG)

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3. Rechtsschutz
A. Rechtsstaatsprinzip und Rechtsschutz
• Rechtsstaatliches Prinzip (siehe Lektion 1)
o Verfassungsstaat (Legalitätsprinzip,
Grundrechte)
o Gesetzesstaat (Normenkontrolle)
o Rechtsschutzstaat
• Legalitätsprinzip (Art 18 B-VG): „Die gesamte
staatliche Verwaltung darf nur aufgrund der
Gesetze ausgeübt werden.“
o Entscheidungen müssen überprüft
werden können. Es muss
ausreichender Rechtsstaat
gewährleistet werden
• Im Rechtsstaat sind Fehler der Vollziehung
vorgesehen

B. Rechtsschutzeinrichtungen

• 9 + 2 Modell der Verwaltungsgerichte


o 9 Landesverwaltungsgerichte
o 2 Verwaltungsgerichte des Bundes (BVwG und BFG)
• Bundesverwaltung
o mittelbar: BVB à LVwG à VwGH/VfGH
o unmittelbar: Bundesbehörde à BvwG/BFG à VwGH/VfGH
• Landesverwaltung: BVB à LVwG à VwGH/VfGH
• Gemeindeverwaltung
o Eigener Wirkungsbereich: Bürgermeister à Gemeinderat/Gemeindevorstand
à LVwG à VwGH/VfGH
o Übertragener Wirkungsbereich: Bürgermeister à LVwG à VwGH/VfGH

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C. Verfahren vor den Verwaltungsgerichten
1. Organisation
• Verwaltungsgerichte sind mit den richterlichen Garantien ausgestattet
o Unabhängigkeit, Unabsetzbarkeit, Unversetzbarkeit
• Entscheidung erfolgt grundsätzlich durch Einzelmitglieder
• Organisationsgesetzgebung
o Landesgesetzgeber für LVwG
o Bundesgesetzgeber für BVwG, BFG & VwGH

2. Zuständigkeit
• Sachliche Zuständigkeit: die Verwaltungsgerichte entscheiden über
o Bescheidbeschwerden
o Maßnahmenbeschwerden
o Säumnisbeschwerden
o Weitere Zuständigkeiten können durch Bundes- oder Landesgesetz
vorgesehen werden
• Örtliche Zuständigkeit (LVwG):
o Bei unbeweglichen Gütern, nach der Lage dese Gutes
o Bei Unternehmen: nach dem Ort der Tätigkeit
o Ansonsten: Hauptwohnsitz/Sitz

3. Verfahrensrechtliche Besonderheiten
• Verwaltungsgericht besitzen eigene Verfahrensordnung (VwGVG)
• Besondere Vorschriften:
o Parteistellung der Behörde
o Volksöffentlichkeit (kann ausgeschlossen werden)

4. Beschwerdelegitimation und Beschwerdefrist


• Beschwerdelegitimation:
o Person, die behauptet durch Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein
o Verzicht ist möglich und unwiderruflich
• Frist: 4 Wochen nach Zustellung des Bescheids
• Einzubringen bei der belangten Behörde

5. Form und Inhalt der Beschwerde


• Bezeichnung des angefochtenen Bescheides
• Bezeichnung der belangten Behörde
• Gründe
• Begehren
• Angaben zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

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6. Entscheidung über die Beschwerde
a. Beschwerdevorentscheidung
• Behörde kann Bescheid innerhalb von 2
Monaten aufheben, abändern, abweisen
oder die Beschwerde zurückweisen
• Gegen Beschwerdevorentscheidung kann
Vorlageantrag erhoben werden

b. Entscheidung durch das Verwaltungsgericht

• Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte sind im Namen der Republik zu verkünden und


auszufertigen

4. Rechtsmittelverfahren vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts


B. Der Verwaltungsgerichtshof
• Organisation
o VwGG regelt Verfahren und Organisation
o Entscheidung in Senaten (3, 5 oder 9 Mitglieder)
• Zuständigkeit (Art 133 B-VG)
o Revision gegen die Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen
Rechtswidrigkeit
o Anträge auf Fristsetzung wegen der Entscheidungspflicht
o Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem
Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof
• Zusätzliche Kompetenzen können per Gesetz festgelegt werden
• Revision richtet sich gegen eine Erkenntnis eines VwG wegen Verletzung von
einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten (auch Unionsrecht)
o kann auch von der bescheiderlassenden Behörde erhoben werden
• Zulässigkeitsvoraussetzungen
o Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
§ Erkenntnis des VwG weicht von VwGH-Rechtsprechung
§ Rechtsprechung fehlt
§ Rechtsfrage bisher nicht einheitlich beantwortet
• Unterscheidung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Revision

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• Frist: Revision muss spätestens sechs Wochen nach Zustellung der Erkenntnis
eingebracht werden
• Anwaltszwang
• Entscheidungsmöglichkeit des VwGH
o Zurückweisung/Einstellung mit Beschluss
o Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung
o Entscheidung in der Sache durch Erkenntnis

C. Verfassungsgerichtshof
1. Einleitung
• in erster Linie: Kontrolle der Einhaltung der Grundrechte
• Andere Kompetenzen:
o Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten und Verwaltungsgerichten oder
VwGH und VfGH oder Bund und Länder oder Länder untereinander
o Gesetzmäßigkeit von Verordnungen
o Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen

2. Organisation
• 14 Mitglieder: Präsident, Vizepräsident und 12 Mitglieder + 6 Ersatzmitglieder
o müssen persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen
• Mitglieder werden vom Bundespräsidenten bestellt. Vorschlag erfolgt
o Durch die Bundesregierung (Präsident, Vizepräsident, 6 Mitglieder, 3 Ersatz)
o Durch den Nationalrat (3 Mitglieder und 2 Ersatzmitglieder)
o Durch den Bundesrat (3 Mitglieder und 1 Ersatzmitglied)
• Entscheidungen fallen grundsätzlich im Plenum
o Ausnahmsweise „kleine Besetzung“ (Präsident, Vizepräsident, 4 Mitglieder)
• Anwesenheit von einem Vorsitzenden und mindestens 8 Mitgliedern notwendig
• Entscheidung mit Stimmmehrheit
• Geheime Abstimmung

3. Erkenntnisbeschwerde
• Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über:
o Beschwerden gegen Erkenntnisse von Verwaltungsgerichten
o Verfassungswidrigkeit von Gesetzen/Gesetzeswidrigkeit von Verordnungen
o Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen
o Wahlanfechtungen, Anfechtungen von Volksbegehren, Volksbefragungen,
Volksabstimmungen und Europ. Bürgerinitiativen; Verlust von Mandaten
o Klage wegen vermögensrechtlichen Ansprüchen
o Kompetenzkonflikte/Kompetenzfeststellungen
o Streitigkeiten betreffend Untersuchungsausschüssen
o Anklagen gegen Staatsorgane
• VfGH entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen eines VwG, wenn der
Beschwerdeführer behauptet
o in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt zu sein
o wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten
verletzt ist

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• Voraussetzungen:
o Erkenntnis oder Beschluss eines VwG
o Einbringung innerhalb von 6 Wochen nach Zustellung
o Ausführung zu den vorgebrachten Rechtsverletzungen
o Begehren
• Entscheidungsmöglichkeit des VfGH
o Ablehnung durch Beschluss
§ Beschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
§ keine verfassungsrechtlich zu klärende Frage
o Zurückweisung oder Einstellung durch Beschluss
§ Fehlende Prozessvoraussetzungen
§ Mangelhafte Einbringung
o Entscheidung in der Sache durch Erkenntnis
§ Aufhebung der VwG Entscheidung
§ Abweisung, weil keine Verletzung vorliegt
4. Verordnungs- und Gesetzesprüfungsverfahren
• VfGH besitzt das Verwerfungsmonopol über generelle Normen
(Verordnungen/Gesetze/Staatsverträgen)
• Maßstab der Prüfung
o Verfassungsgesetze: Grundprinzipien
o Gesetze: Verfassungsrecht
o Verordnungen: Gesetze
• Antragslegitimation (Bsp)
o VfGH von Amts wegen
o Antrag eines Gerichts
o Individualantrag/Parteienantrag
• Entscheidungsmöglichkeiten
o Aufhebung des Gesetzes/der Verordnung
o Antrag abweisen (Gesetz/VO nicht rechtswidrig)
o Antrag zurückweisen
• Anlassfallwirkung
• Kundmachung: Entscheidungen über die Aufhebung sind unverzüglich
kundzumachen
• Außerkrafttreten
o Grundsätzlich mit Ablauf des Tages der Kundmachung
o Frist (max. 6 Monate VO/18 Monate Gesetz) kann vorgesehen werden

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