Übung aus Öffentlichem Recht (FÜM III),
WiSe 2019/20
Univ.-Prof. DDr. Michael Potacs/ Univ.-Ass. Dr. Sebastian Scholz
Programmablauf
1. Einheit, 16.10.19: Vorbesprechung, Grundlagen Falllösung
2. Einheit, 23.10.19: Fallbesprechung
3. Einheit, 30.10.19: Fallbesprechung
4. Einheit: 6.11.19: Fallbesprechung
5. Einheit, 13.11.19: Fallbesprechung
6. Einheit, 20.11.19: Fallbesprechung
7. Einheit, 27.11.19: 1. Klausur
8. Einheit, 4.12.19: Besprechung 1. Klausur
9. Einheit: 11.12.19: Fallbesprechung
10. Einheit, 8.1.20: Fallbesprechung
11. Einheit, 15.1.20: 2. Klausur
12. Einheit, 22.1.20: Besprechung 2. Klausur
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Literatur FÜM III
• Grundrechte und Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts
Berka, Verfassungsrecht7 (2018)
Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019)
Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11
(2015)
• Allgemeines Verwaltungsrecht:
Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2016)
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Literatur FÜM III
• Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit:
Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018)
Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019)
• Vertiefend zum Verwaltungsverfahrensrecht:
Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018)
• Besonderes Verwaltungsrecht:
Aigner u.a., Besonderes Verwaltungsrecht2 (2017)
Bachmann u.a., Besonderes Verwaltungsrecht 12 (2018)
Kolonovits u.a., Besonderes Verwaltungsrecht 2 (2017)
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Leitfaden für eine erfolgreiche Falllösung
1. Sachverhalt genau durchlesen!
2. Fragestellung genau lesen!
3. Analyse der dem Fall zugrundeliegenden Problematik!
• Jedes Sachverhaltselement ist grundsätzlich von Bedeutung
• Schritt für Schritt die Bedeutung jedes einzelnen Elements für
die Lösung prüfen
• Wichtig: Fristen und Termine
• Probleme sammeln und ordnen; Vorfragen zuerst klären
• zB 1. Ist das Rechtsmittel zulässig? 2. Ist es begründet?
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Leitfaden für eine erfolgreiche Falllösung
4. Problemlösung
• Übersicht über das Gesetz verschaffen (Inhalts- und Stichwortverzeichnis)
• Relevante Gesetzesstelle im Detail auf Verständnis lesen
• §§ immer zu Ende lesen! Ausnahmen, die auf den konkreten Fall besser passen,
können auch am Ende stehen
• Auslegung mehrdeutiger Gesetzesbestimmungen
5. Beantworten der Frage
• Immer nur das beantworten, was auch gefragt wurde
• Fragen vollständig, klar und präzise beantworten
• „Angstworte“ vermeiden zB: könnte, eventuell, womöglich etc
• Jede Behauptung muss auch begründet werden
• Relevante Gesetzesstellen immer vollständig zitieren
• Widersprüche vermeiden
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Erforderliche Bewilligungen
• Gesichtspunktetheorie:
• Lebenssachverhalt kann unter verschiedenen Gesichtspunkten von
unterschiedlichen Gesetzgebern geregelt werden
• Kumulationsprinzip:
• für die Realisierung eines Projektes sind uU mehrere Bewilligungen
erforderlich
• Bewilligungen?
• Welche Materiengesetze kommen in Betracht?
• Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet?
• Welche Bewilligungen sind notwendig?
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Behördenzuständigkeit:
• Sachliche Zuständigkeit
• Im Materiengesetz geregelt?
• Subsidiär BVB bei mittelbarer Bundesverwaltung (§ 2 AVG)
• Zuständigkeit der Länder: Landesgesetze
• Örtliche Zuständigkeit
• Im Materiengesetz geregelt?
• Subsidiär § 3 AVG
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Zuständigkeit: Verwaltungsstrafsachen
• Sachliche Zuständigkeit
• Im Materiengesetz geregelt?
• Subsidiär BVB gem § 26 Abs 1 VStG
• § 26 Abs 2 VStG: Angelegenheiten des sachlichen Wirkungsbereiches der LPD ist
jedoch im Gebiet einer Gemeinde, für das die LPD zugleich Sicherheitsbehörde
erster Instanz ist, die LPD zuständig (Vgl § 8 SPG)
• ACHTUNG: § 26 Abs 2 VStG nur für sachlichen Wirkungsbereich der LPD
einschlägig!
• Örtliche Zuständigkeit
• § 27 Abs 1 VStG
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Rechtsmittel
1. Was kann man unternehmen? (=prozessuale Frage)
• Welches Rechtsmittel und wer ist Rechtsmittelinstanz?
• Zulässigkeit des Rechtsmittel
2. Erfolgschancen? (=inhaltliche Frage)
• Begründetheit des Rechtsmittels?
• Unzuständigkeit der Behörde?
• Verfahrensfehler?
• Rechtsfrage inhaltlich falsch beurteilt
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Rechtsmittel: Bescheidbeschwerde
• Bescheidbeschwerde an VwG (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm Art 132
Abs 1 Z 1 B-VG)
• Sachliche Zuständigkeit:
• Art 131 Abs 2: Rechtssachen in den Angelegenheiten der
Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden
besorgt werden
• Art 131 Abs 4, 5: Zuständigkeitsverschiebung in Materiengesetz?
• Art 131 Abs 1: LVwG (Generalklausel zugunsten der Länder)
• Örtliche Zuständigkeit:
• § 3 Abs 2 Z 1 VwGVG (iVm § 3 AVG)
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Zulässigkeit Bescheidbeschwerde
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
Gegenstand: Bescheid (§ 7 Abs 1 VwGVG)
Beschwerdelegitimation (Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG)
Kein Beschwerdeverzicht (§ 7 Abs 2 VwGVG)
Beschwerdefrist: 4 Wochen (§ 7 Abs 4 VwGVG)
Beschwerdeinhalt (§ 9 VwGVG)
Bei belangter Behörde schriftlich einzubringen (§ 12
VwGVG)
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Begründetheit Bescheidbeschwerde
• Rechtsmittelgründe:
• Unzuständigkeit der Behörde
• Verfahrensfehler
• Rechtsfrage inhaltlich falsch beurteilt
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Entscheidungsmöglichkeiten VwG
• Beschwerde ist unzulässig
• Mit Beschluss zurückweisen gem §§ 28 Abs 1 iVm 31 VwGVG
• Meritorische Entscheidung (in der Sache) gem Art 130 Abs 4 B-VG iVm § 28 Abs 2 VwGVG
• Mit Erkenntnis gem § 28 Abs 1 VwGVG abweisen oder stattgeben (andere inhaltliche
Entscheidung oder ersatzlose Behebung), wenn
• Sachverhalt feststeht oder
• Im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen (Sachverhalt kann durch VwG selbst rasch
kostensparend ermittelt werden
• Kassation und Zurückverweisung der Angelegenheit
• Mit Beschluss gem § 28 Abs 3 und 4 VwGVG
• Einstellung des Verfahrens
• Mit Beschluss gem §§ 28 Abs 1 iVm 31 VwGVG
• Beschwerde zurückgezogen oder Antragsteller während Verfahren untergegangen
• Verwaltungsstrafsachen: § 50 VwGVG
• In der Sache selbst (Erkenntnis), außer Beschwerde zurückweisen oder das Verfahren einstellen
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Rechtsmittel: Maßnahmenbeschwerde
• Maßnahmenbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG
• Akte unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
(AuvBZ) =
• Jeder von einem Verwaltungsorgan im Bereich der Hoheitsverwaltung
individuell nach außen relativ verfahrensfrei (unmittelbar) erlassene Befehl bzw
unmittelbar getätigter Zwang
• Sachliche Zuständigkeit:
• Art 131 Abs 2: Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des
Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden
• Art 131 Abs 4, 5: Regelung in Materiengesetz?
• Art 131 Abs 1: LVwG (Generalklausel zugunsten der Länder)
• Örtliche Zuständigkeit:
• § 3 Abs 2 Z 2 VwGVG
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Zulässigkeit Maßnahmenbeschwerde
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
Gegenstand: AuvBZ
Legitimation: Art 132 Abs 2 B-VG
Frist: 6 Wochen (§ 7 Abs 4 VwGVG)
Beschwerdeinhalt (§ 9 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG)
Unmittelbar beim zuständigen VwG schriftlich
einzubringen (§ 20 VwGVG )
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Rechtsmittel: Berufung
• Berufung oder Bescheidbeschwerde?
• Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (Art 118 Abs 2
B-VG)?
• alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden
Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen
und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen
Grenzen besorgt zu werden
• Ausdrückliche Bezeichnung im Materiengesetz
• Demonstrative Aufzählung in Art 118 Abs 3 B-VG
• Instanzenzug darf nicht gem Art 115 Abs 2 iVm 118 Abs 4 B-VG
ausgeschlossen sein
• Beschwerde an VwG: Im eigenen WB der Gemeinde erst nach
Erschöpfung des Instanzenzuges (Art 132 Abs 6 B-VG)
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Innergemeindlicher Instanzenzug
• Berufungsbehörde:
• § 63 Abs 1 AVG: Instanzenzug im eWB der Gemeinde richtet sich nach den
Verwaltungsvorschriften
• Art 115 Abs 2 B-VG: Landesgesetzgeber regelt Zuständigkeit der
Gemeindeorgane als Organisationsgesetzgeber
• Gemeindeordnungen oder
• Stadtrechte
• Abweichende Regelung in Materiengesetz? (wenn Gemeindeordnungen
oder Stadtrechte abweichende Regelungen ermöglichen)
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Zulässigkeit Berufung
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
egWB der Gemeinde (§ 63 Abs 1 AVG)
Instanzenzug nicht ausgeschlossen (Art 115 Abs 2 iVm
Art 118 Abs 4 B-VG)
Gegenstand: Bescheid (§ 63 Abs 2 AVG)
Berufungslegitimation: Partei (§ 63 Abs 4 AVG)
Kein Berufungsverzicht (§ 63 Abs 4 AVG)
Berufungsfrist: 2 Wochen (§ 63 Abs 5 AVG)
Bescheid bezeichnen, begründeter Antrag (§ 63 Abs 3
AVG)
Einzubringen bei Behörde 1. Instanz (§ 63 Abs 5 AVG)
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Begründetheit Berufung
• Rechtsmittelgründe:
• Unzuständigkeit der Behörde
• Verfahrensfehler
• Rechtsfrage inhaltlich falsch beurteilt (volle Ermessenskontrolle)
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Rechtsmittel: Säumnisbeschwerde
• Säumnisbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm Art 132 Abs 3 B-VG
• Entscheidungspflicht der Behörde ohne unnötigen Aufschub, spätestens binnen 6
Monaten oder binnen ggesetzlich kürzeren oder längeren Entscheidungsfrist (§ 8
Abs 1 VwGVG)
• Sachliche Zuständigkeit:
• Art 131 Abs 2: Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes,
die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden
• Art 131 Abs 4, 5: Regelung in Materiengesetz?
• Art 131 Abs 1: LVwG (Generalklausel zugunsten der Länder)
• Örtliche Zuständigkeit:
• § 3 Abs 2 Z 1 VwGVG (iVm § 3 AVG)
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Zulässigkeit Säumnisbeschwerde
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
Entscheidungsfrist abgelaufen (§ 8 Abs 1 VwGVG)
Legitimation: Art 132 Abs 2 B-VG
Nach Ablauf der Entscheidungsfrist grds jederzeit
möglich
Inhalt (§ 9 VwGVG)
Bei belangter Behörde schriftlich einzubringen (§ 12
VwGVG)
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Rechtsmittel: Devolutionsantrag
• Entscheidungspflicht der Behörde ohne unnötigen Aufschub, spätestens
binnen 6 Monaten oder in Verwaltungsvorschriften anders bestimmte Frist
(§ 73 Abs 1 AVG)
• Devolutionsantrag gem § 73 Abs 2 AVG:
• eigener WB der Gemeinde und
• Instanzenzug nicht ausgeschlossen
• Anspruch auf Entscheidung:
• Antragsteller
• Partei, wenn sie durch Untätigkeit der Behörde in ihren rechtlichen
Interessen beeinträchtigt ist
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Zulässigkeit Devolutionsantrag
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
EgWB der Gemeinde (§ 73 Abs 2 AVG)
Instanzenzug nicht ausgeschlossen (Art 115 Abs 2
iVm Art 118 Abs 4 B-VG)
Entscheidungsfrist abgelaufen (§ 73 Abs 1 AVG)
Legitimation (§ 73 Abs 1 AVG)
Nach Ablauf der Entscheidungsfrist grds jederzeit
möglich
Schriftlich einzubringen bei Berufungsbehörde (§ 73
Aba 2 AVG)
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Kompetenzen des VwGH
• Zuständigkeiten des VwGH gem Art 133 Abs 1 B-VG:
• Ordentliche / außerordentliche Revision (Z 1 B-VG leg cit)
• Verletzung einfachgesetzlicher Rechte
• Fristsetzungsanträge (Z 2 leg cit)
• Kompetenzkonflikte zwischen VwG oder einem VwG und dem VwGH
(Z 3 leg cit)
• Art 133 Abs 2 B-VG: sonstige Zuständigkeit des VwGH durch
Materiengesetzgeber
• Art 133 Abs 5 B-VG: Rechtssachen, die in die Zuständigkeit des
VfGH fallen, sind von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen
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Zulässigkeit Revision
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
Gegenstand: Erkenntnis oder Beschluss (Art 133 Abs 1 Z 1 bzw
Abs 9 B-VG)
Revisionslegitimation: Art 133 Abs 6 B-VG; § 21 Abs 1 VwGG)
Zuständigkeit VwGH (vgl Art 133 Abs 5 B-VG)
Revisionsfrist: 6 Wochen (§ 26 Abs 1 Z 1 VwGG)
Revisionsinhalt (§ 28 Abs 1 VwGG)
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art 133 Abs 4 B-VG)
Keine absolute Unzulässigkeit der Revision (§ 25a Abs 4 VwGG)
Eingabegebühr in Höhe von 240 € (§ 24a Z 1 VwGG)
Schriftliche Einbringung bei VwG (§ 25a Abs 5 VwGG) durch
Rechtsanwalt (§ 24 Abs 2VwGG)
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Rechtsmittel: Erkenntnisbeschwerde
• Erkenntnisbeschwerde an den VfGH gem Art 144 Abs 1 B-VG
• Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder
• Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen
Gesetzes, einer gesetzwidrigen VO, einer gesetzwidrigen
Wiederverlautbarung oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages
• Parallelbeschwerde an den VwGH und an den VfGH oder
• Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH (Art 144 Abs 3 B-
VG).
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Zulässigkeit Erkenntnisbeschwerde
Allgemeine Regeln Konkreter Fall
Gegenstand: Erkenntnis oder Beschluss (Art 144 Abs 1 und 4 B-
VG; vgl § 88a VfGG)
Beschwerdelegitimation:
• Partei: Behauptung der Verletzung in subjektiven Rechten
(Verletzung muss möglich sein)
• Beschwer: Beeinträchtigungsmöglichkeit
Keine Zulässigkeitsfrage der Revision (Art 144 Abs 5 B-VG)
Frist: 6 Wochen (§ 82 Abs 1 VfGG)
Form und Inhalt (§§ 82 Abs 4 und § 15 VfGG)
Eingabegebühr in Höhe von 240 € (§ 17a VfGG); schriftliche
Einbringung (§ 15 Abs 1 VfGG) durch Rechtsanwalt (§ 17 Abs 2
VfGG)
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